Biutiful
E/MEX 2010, Laufzeit: 147 Min., FSK 16
Regie: Alejandro González Iñárritu
Darsteller: Javier Bardem, Maricel Álvarez, Eduard Fernández, Javier Bardem, Maricel Álvarez, Eduard Fernández, Hanaa Bouchaib, Ana Wagener, Manolo Solo, Rubén Ochandiano, Guillermo Estrella
>> www.biutiful-derfilm.de/de
Komplexe Refklexion über Leben und Tod
Unauflösbare Widersprüche
"Biutiful" von Alejandro González Inarritu
Alejandro González Iñárritu, Meister des verschachtelten Erzählens, macht es dieses Mal ganz einfach. „Biutiful“ ist chronologisch und linear entlang einer Person erzählt. Aber „Biutiful“ wäre kein Film von Iñárritu, wenn es dann nicht doch sehr komplex würde.
Mit Uxbal taucht Iñárritu ein in ein gesellschaftliches Schattendasein, das für viele Menschen zum Alltag geworden ist. Nachdem sein letzter Film „Babel“ ganz allgemein verschiedene Globalisierungseffekte narrativ verwob, widmet er sich nun dem Thema der Migration. Uxbal verdient sein Geld, indem er das Leben und vor allem die Arbeit von illegalen Einwanderern organisiert – senegalesische Straßenhändler oder chinesische Näherinnen. Uxbal nimmt damit eine äußerst widersprüchliche Rolle ein: Zum einen Schützt er die Migranten vor dem Zugriff der Polizei und setzt sich für bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen ein. Zum anderen profitiert er ja gerade von ihrem unsicheren, illegalen Status und den relativ schlechten Rahmenbedingungen ihres Daseins. Die Widersprüchlichkeit setzt sich im Privaten fort: Uxbal hält seine manisch depressive Frau Maramba von den gemeinsamen Kindern fern. Zum Schutze der Kinder, die zugleich unter der Trennung von der Mutter leiden. Richtig und falsch verschwimmen in der Welt von „Biutiful“. Und so kann eine unmoralische Handlung Gutes bewirken und gut Gemeintes direkt in die Katastrophe führen. Als Uxbal von seiner tödlichen Krankheit erfährt, muss er akzeptieren, dass seine Möglichkeiten des Handelns sehr begrenzt und endlich sind. Er muss mit sich und der Welt ins Reine kommen. Und er muss dafür sorgen, dass es seinen Kindern auch nach seinem Tod gut geht. Doch in dem täglichen Hamsterrad der Verantwortung wird sein Körper zunehmend schwächer.
In den engen Gassen Barcelonas – nicht im Zentrum, sondern in den Randgebieten, dort wo die Touristen fern bleiben – ist der Film angesiedelt. Trotz der täglichen Last, das Leben zu meistern, zu überleben, sind die Bilder geprägt von einer erstaunlichen Vitalität. „Biutiful“ fängt diese Atmosphäre in unruhigen Bildern ein, die ebenso wie die Lebensumstände der Protagonisten in ihrer Widersprüchlichkeit nicht auflösbar sind. Im Verlauf des Films wird die Stimmung zunehmend fiebrig und die Inszenierung analog zum Zustand seiner Hauptfigur, die den Film in fast jeder seiner Szenen trägt, kurzatmiger. Alejandro González Iñárritu ist ein höchst moralischer Filmemacher. Er ist aber nie ein simpler Prediger oder gar Ankläger. Seine Leistung ist zum einen die Fähigkeit eines detaillierten Blicks. Zum anderen seine emotionale Sensibilität und sein Mitgefühl. Das alles kongenial mit Hilfe seiner Darsteller – allen voran Javier Bardem („No Country for old Men“) – auf die Leinwand zu bannen, ist nicht nur eine große künstlerische, sondern auch eine menschliche Leistung.
(Christian Meyer)
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