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Der Scheinriese wird entlarvt

30. August 2012

Kultur-Metropole Ruhr nur Mittelmaß – Magenbitter 09/12

Manchmal flattern Werbezettel in den Briefkasten, die eine Welt zeigen, die der Aufgeklärte fast verdrängt hat. Überall geht es um Pimpen, Tunen, Maskerade. Menschen tun einiges, um den eigentlichen Wert eines einfachen Gegenstandes zu verschleiern, zu erhöhen oder wenigstens optisch außergewöhnlich erscheinen zu lassen. Dabei schrecken sie nicht vor Kosten zurück, die, sofort besser angelegt, gleich einen höherwertigeren Besitz möglich gemacht hätten, nun aber eher Kosten im Gulli darstellen. Der tatsächliche Betrag spielt dabei eine eher untergeordnete Rolle: Manche versenken im Sickerschacht 100 Euro für Pinsel und Farbe, andere wie die Kulturhauptstadt eben 100 Millionen Euro.

Hier fühlte man sich versetzt in die Kindheit. In die Augsburger Puppenkiste. In die Wüste „Ende der Welt“. Schon bei der EU-Bewerbung damals war das Label ein Scheinriese, wie Herr Tur Tur, der aus der Entfernung riesig, bei genauerem Hinsehen aber schnurznormal war. Er endet als Leuchtturm für Lummerland, die Kultur im Revier endet in der Bedeutungslosigkeit: Die beste Platzierung der Ruhrgebietsstädte im Vergleich der 30 größten deutschen Städte beim „Kulturstädteranking“ des Hamburgischen WeltWirtschaftsInstituts (HWWI) erreicht Vertreterstadt Essen mit dem 13. Platz, vor Köln, ist ja klar, aber lustigerweise auch weit hinter Münster. Die Nachbarn Bochum und Dortmund findet man auf den Plätzen 22 und 26, dahinter noch Gelsenkirchen und Duisburg, ganz am Ende das Schlusslicht Wuppertal.

Dennoch wird gepimpt, getuned, maskiert. Erste Reaktion aus dem Regionalverband Ruhr, der Städtevertretung der Ruhrkommunen: „Im Ganzen betrachtet, braucht die Kulturmetropole Ruhr den Vergleich mit anderen Kulturregionen nicht zu scheuen“, sagt Regionaldirektorin Karola Geiß-Netthöfel. Die Kulturmetropole Ruhr beziehe ihre Stärke vor allem aus der Vernetzung der 53 Städte im Ruhrgebiet. Nur so habe die Kulturhauptstadt Europas RUHR.2010 erfolgreich wirken können. Genau. Besser wäre noch gewesen, man hätte die einzelnen Platzierungen zusammengezählt. Dann hätten wir gemeinsam die meisten Punkte gehabt. Ist doch auch was. Mich bewegt Münster auf Rang sieben. Vor Hamburg und Düsseldorf gelandet, und das, ohne Kulturhauptstadt gewesen zu sein. Ist Fahrradfahren etwa auch ein kultureller Akt, oder ist diese Studie auch nur Maskerade für Investitionen in die eben größten Metropolen Deutschlands?

Mein erstes Auto war ein damals schon alter Käfer, Baujahr 1967. Geknicktes Weiß, blaue Haube, rotes Innenleben. Natürlich bekam er breitere Reifen (155er, grins), einen kurzen Rallye-Gangschaltungshebel (nur angeschraubt) und natürlich diverse Zusatzinstrumente (billig), die zwar nichts Wesentliches anzeigten, aber eben diesen sportlichen Touch hatten. Irgendwie war man immer auf der Jagd nach optischer Verbesserung. Einen Porschemotor für den Kleinen konnte ich mir ja auch nicht leisten. Irgendwie ist es mir damals gegangen wie der Kultur heute – die hat wohl auch ein besseres Antriebsaggregat nötig.

Peter Ortmann

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