Die 5. Ausgabe der Foto-Ausstellung UrbExpo entführt seine Besucher an einen der verlorensten aller Lost Places: nach Tschernobyl, in die verstrahlte Geisterstadt Prypjat. Aber das sind nur einige der insgesamt 81 Fotografien von Einsamkeit an Enden der Welt, sehenswert ist jede einzelne. Und mit den Kellern des Schlegel-Hauses hat die UrbExpo nun auch endlich wieder eine angemessen urige Location gefunden.
Eine kleine Kellertreppe und ein charmant trashiger Leuchtpfeil laden in den ehemaligen Kühlkeller der Schlegel-Brauerei ein. Kühle, hellblaue Fliesen säumen die Wand, der Boden ist stellenweise schlecht verputzt oder beschädigt, an den Enden der Ausstellungsräume führen abgesperrte Gänge fort vom ausgeleuchteten Ausstellungsraum in die Finsternis. Die Gärbecken dahinter, die Untiefen der ehemaligen Brauerei und auch der Ausstellungsraum wären eigentlich selbst eine fotografische Entdeckungsreise wert. Aber die Fotos hier ziehen uns noch tiefer. Zum Beispiel unter die Wasseroberfläche der schottischen Bucht Scapa Flow, wo die Deutschen am Ende des Ersten Weltkriegs eine ganze Flotte selbst versenkten, damit sie den Engländern nicht in die Hände fiele. Stephan-Maria Aust fotografierte die maritime Unterwelt, algenbewachsene Wrackteile schimmern grünlich auf seinen Fotos.
Verlorene Orte, das heißt auch: verloren gegangene Orte. Wie zum Beispiel das antike Palmyra, inzwischen vernichtet von den Schlächtern des Daesh (IS). Volker Rapp hat sie vor der Zerstörung auf Bild gebannt, jetzt kann ich vom Ausstellungs-Keller aus einen Blick in eine ermordete Vergangenheit wagen.
Einige der schönsten Fotos der UrbExpo finden sich in Nischen versteckt, zum Beispiel Nicole Staniewskis „Fairy Tale“. Das Motiv klassisch: ein seit Ewigkeiten verwaistes Wohnzimmer. Die Umsetzung: perfekt ausgeleuchtet, schummrig und geheimnisvoll. Märchenhaft ja, sofern Tideland und andere Tim Burton-Filme als Märchen durchgehen, denn Staniewskis Fairy Tale atmet den selben Geist: beunruhigend schön, unaufdringlich gruselig.
Dieses Jahr sind auf der UrbExpo viele Foto-Serien zu sehen. Eine gute Entscheidung, denn so kann man die Entdeckungsereise des Fotografen ein Stück weit begleiten: Hinein ins verlassene Sanatorium, zu gruseligen Apparaten und beunruhigenden Details wie zerschlissenen Bandagen, die einst den Wahnsinn mit Gewalt gebändigt hatten (Martinablau von Christin Güldner).
Und dann sind da noch die Bilder aus Prypjat, stumme Grüße aus der Todeszone: Die leeren, verrosteten Kinderbetten, das obligatorische Riesenrad, die gewaltige Abhöranlage Duma (imposant fotografiert von Jens-Joachim Margis). Dies sind nur Auszüge aus den Arbeiten der 25 Fotografen, die hier ausstellen. Bis Sonntag (4.9.) ist die Pforte zur Kellerwelt noch geöffnet.
UrbExpo | bis So 4.9. je 14 bis 20 Uhr, Sa & So: 12 bis 18 Uhr | Schlegel-Haus, Bochum | www.urbexpo.eu
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