Manchmal greift man nach der ganzen Welt,
Manchmal meint man, dass der Glücksstern fällt,
Manchmal nimmt man, wo man lieber gibt,
Manchmal hasst man das, was man doch liebt. (KARAT)
Wir sind nicht mehr Papst. Oder nur noch mittelbar. Oder nur noch ein bisschen. Jedenfalls ziemlich zurückgezogen. Aber wir mögen diese megazentralistische Ordnung im Vatikan wohl, denn nicht nur dass die Wahl des neuen Chefs der christlichen Päderasten-Versteckorganisation Titelthema der Nachrichten-Organe war (Begründung: weil der selbsternannte Petrusnachfolger so mächtig ist, weil das so viele Christen in Südamerika so interessiert, weil das immer so tolle rauchige Bilder produziert, weil die Vatikanbank es so wollte), sie wurde auch mit Sondersendungen garniert, so dass alle jetzt endlich wissen, wer der „heilige“ Giovanni Battista Bernardone aka Franz von Assisi gewesen ist. Ich erspare mir also hier die Biografie. Es bleibt dabei, der Vatikanstaat ist eine absolute Monarchie. Staatsoberhaupt ist der Papst, der die volle Legislative, Exekutive und gerichtliche Gewalt ausübt. Wer will das schon. So was hatten wir auch mehrfach in Deutschland, ohne Papst, aber mit Kaiser oder Führer.
Auch die Partei, die das Christliche in ihrem Namen führt, scheint von diesem religiösen Zentralismus mitten im bundesdeutschen Föderalismus beseelt. So scheint es jedenfalls in Düsseldorf, wo kleine Museen und Kulturinstitute nach dem Willen der Ratsmehrheit künftig von einer Dachgesellschaft verwaltet werden sollen. Da geht es um Marketing, Presse, Einkauf, Technik und natürlich die finanzielle Unterstützung. Auslagern will man, einlagern wohl nicht. Anders als im Vatikan soll dieser Zentralismus kulturelle und ökonomische Synergieeffekte erzielen. Alles gut also? Nicht wirklich. Im Grunde genommen ist das ein Modell, mit dem Geld gespart werden soll, ohne dass die Qualität der einzelnen Häuser wenigstens gewahrt wird. Auch wenn die Häuser, es geht mit Sicherheit nicht nur um die Museen, in der künstlerisch-wissenschaftlichen Leitung eigenständig bleiben sollen, ein paar Mitarbeiter müssen sich garantiert Sorgen machen und können schon mal nach dem heiligen Stuhl zu Hause schauen.
Die Ratsmehrheit professionalisiert damit den kommunalen Kulturbetrieb, der zukünftig wie ein Konzern geführt werden soll, quasi als Aktiengesellschaft mit Aufsichtsrat und dem restlichen Brimborium. Vielleicht auch mit Boni und Dividende? Eine schreckliche Vorstellung. Denn dann wäre bei Schwierigkeiten der Finanzierung immer der Stellenabbau das erste Mittel, siehe Börse, siehe sogenannte DAX-Bluechips. Anwenden könnte man das Modell natürlich nicht nur in der Landeshauptstadt. Das wäre denkbar für alle Metropol-Regionen oder gleich das ganze Bundesland. Dann würde die Monarchie im Kulturbetrieb wieder eingeführt, mit allem lustigen Beiwerk. Sollte das die Zukunft sein, würde ich schon mal eine Bewerbung schreiben – als Narr, der neben dem (natürlich von einem ganz großen NRW-Künstler gestalteten) goldenen Thron sitzen darf, ein buntes Trikot trägt und blanken Unsinn redet.
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