Das Medium der Fotografie war einst eine (relative) Momentaufnahme der realen Welt. Allerdings wurde schon früh damit begonnen, die Welt und ihre Bewohner:innen in einem günstigen Licht zu präsentieren. Historische und künstlerische Transformationsprozesse wandeln bis heute die dokumentarische Kunstrichtung. Mit mehr als 500 Arbeiten aus Afrika, nebst Diaspora und altem und neuem Europa zeigt die Ausstellung „Dialoge im Wandel. Fotografien aus The Walther Collection“ im K20 in Düsseldorf transnationale Parallelen und Widersprüche vor, während und nach der Kolonialzeit. Dabei zeigt sich, wie langsam sich der weiße Blick auf den schwarzen Kontinent erst wandelt, wie zäh sich rassistische Konstruktionen in den westlichen Gesellschaften behaupten.
Es ist ein kleiner Raum gleich nach dem Eingang, in dem sich schnell die Gemeinsamkeiten des Mediums zeigen. Seydou Keita (1923-2001) und August Sander (1976-1964), vis-a-vis und schwarzweiß im Dialog hängen ihre Porträts dort an der Wand, die Blicke wandern links und wandern rechts, OK, an der Kleidung erkennt man die Leute. Allerdings scheinen Gestus und Habitus Mitte des 20. Jahrhunderts sehr ähnlich zu sein, wenn auch Stand und Besitz sich unterschieden. Ein Porträtfoto machte das wett.
Unter der Überschrift „Bild und Selbstbildnis“ wird das zeitgenössisch anders. Sue Williamson (*1941 in GB) porträtierte in den 1980er Jahren 17 politische Aktivistinnen, die sich vehement für ein Ende der Apartheit eingesetzt hatten und deren Gesichter während der weißen Domination nie in den Medien auftauchten. Auch der Kameruner Samuel Fosso (*1962) zeigt in seiner Serie „African Spirits“ (2008) die unerschrockenen Bürgerrechtler:innen Afrikas. Allerdings schlüpft er für die „Selbstportraits“ immer in den Habitus der betreffenden weiblichen wie männlichen Personen. Der Nigerianer Rotimi Fani-Kayode (1955-1989) hatte in Großbritannien nur sechs Jahre, um ein großartiges Werk zu schaffen. Die Auseinandersetzung zwischen seiner queeren Identität (Nothing to lose, 1989) gegenüber seiner alteingesessenen politisch und religiös bedeutenden Familie führte er mit farbigen erotischen Fotoperformances. Großartige Schau in Düsseldorf, einziges Manko: Diese extrem wichtige Ausstellung hätte einen Katalog verdient.
Dialoge im Wandel | bis 25.9. | K21 Düsseldorf | 0211 838 12 04
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Lebendige Zeitgeschichte
Marga Kingler im Essener Ruhr Museum – Ruhrkunst 07/24
„Keine klassischen Porträtfotografien“
Kuratorin Kerrin Postert über „UK Women“ in der Ludwiggalerie Schloss Oberhausen – Sammlung 06/24
Intensive Blicke
Fotografin Annelise Kretschmer im MKK Dortmund – Ruhrkunst 03/24
Das eigene Land
„Revisions“ im Rautenstrauch-Joest-Museum Köln – Kunst in NRW 03/24
Kunstvolle Stahlarbeiten
„work comes out of work“ in Bochum – Kunstwandel 01/24
Aus anderer Perspektive
Szenenwechsel der Sammlung im K21 in Düsseldorf – Kunst in NRW 09/23
Futter fürs Bildgedächtnis
Pixelprojekt-Neuaufnahmen in Gelsenkirchen – Ruhrkunst 08/23
Aus dem Besitz
Neupräsentation der K21-Sammlung
Kunst aus Worten und Sätzen
Jenny Holzer im K21 in Düsseldorf – Kunst in NRW 04/23
Weltreise digital
Daniela Comani im Museum Folkwang – Ruhrkunst 04/23
Steinewerfer auf der Leiter
Barbara Klemm in der Ludwiggalerie Schloss Oberhausen – Kunstwandel 03/23
Blicke hinter die Abwasserrinne
„Beyond Emscher“ in der Kokerei Zollverein – Kunstwandel 09/22
„Die jüdische Renaissance ist nicht so bekannt“
Museumsleiterin Kathrin Pieren über „Shtetl – Arayn un Aroys“ im Jüdischen Museum in Dorsten – Sammlung 08/24
„Auch die Sammler beeinflussen den Künstler“
Kurator Markus Heinzelmann über die Ausstellung zu Gerhard Richter in Düsseldorf – Sammlung 08/24
Tiefer als Realismus
Phänomenal: Karin Kneffel im Museum Küppersmühle in Duisburg – kunst & gut 07/24
Happy End
Ausstellung über Glück in Bochum – Ruhrkunst 07/24
„Auf Fautrier muss man sich einlassen“
Direktor Rouven Lotz über „Jean Fautrier – Genie und Rebell“ im Emil Schumacher Museum Hagen – Sammlung 07/24
Vom Laufen und Stehen
Jan Meyer-Rogge im Osthaus Museum Hagen – kunst & gut 06/24
Im Bann der Impulse
„Radiant“ im Lichtkunstzentrum Unna – Ruhrkunst 06/24
Alle für einen
Matthias Wollgast im Märkischen Museum Witten – Ruhrkunst 06/24
„Eine von Verflechtungen und Austausch geprägte Welt“
Kuratorin Julia Lerch Zajaczkowska über Theresa Webers „Chaosmos“ im Kunstmuseum Bochum – Sammlung 06/24
Leben in der Wüste
Namibia-Ausstellung im Naturmuseum Dortmund – Ruhrkunst 05/24
Hin und weg!
„Ferne Länder, ferne Zeiten“ im Essener Museum Folkwang – Ruhrkunst 05/24