Vor 16 Jahren war Bob (Leonardo DiCaprio) Bombenexperte bei der revolutionären Zelle „French 75“. Die professionell aufgestellten Widerständler kämpfen für Freiheit, gegen Grenzen, Kapitalismus und Abtreibungsverbot und befreien eingesperrte Immigranten. Bob war liiert mit seiner temperamentvollen Mitstreiterin Perfidia (Teyana Taylor), der Beziehung entsprang ein Kind: Willa. Heute lebt Bob mit Willa (Chase Infiniti) versteckt in einer Hütte im Wald. Dann klopft ICE-Colonel Steven J. Lockjaw (Sean Penn) an die Tür: Der verbissene Staatsdiener hat noch eine Rechnung offen. Grandios: Nachdem Darren Aronofsky einen Pulp-Krimi raushaut („Caught Stealing“), erweitert auch Paul Thomas Anderson („Magnolia“, „There Will Be Blood“, „The Master“) sein Œuvre, indem er sich einen Wunsch verwirklicht, den er sich schon vor zwanzig Jahren gesteckt hatte: einen Actionfilm mit einer weiblichen Revolutionärin zu drehen. Inspiration erhielt er auf dem langen Weg dahin zusätzlich durch Thomas Pynchons Roman „Vineland“ aus dem Jahr 1990, der in der Reagan-Ära angesiedelt ist. „One Battle After Another“ ist zeitlos gehalten, sehr unterhaltsam und in seinem gesellschaftspolitischen Kontext hochaktuell. Durch die Reihe weg erstklassig gecastet, folgt Anderson seinen Figuren durch Jagd, Flucht und Selbstfindung. Und natürlich ist das alles viel mehr als nur ein Actionfilm.
Tereza ist 77 Jahre alt. Noch drei Jahre bleiben ihr, bis sie ihr Arbeitsleben beenden und in die Altenkolonie umsiedeln soll. Doch plötzlich geht alles ganz schnell: eine Medaille als Auszeichnung für ihr Alter, ein Gespräch mit ihrem Arbeitgeber und ein Umschlag mit ihrem letzten Gehalt. In einem Brasilien der nahen Zukunft werden die Alten zur Förderung der Produktivität gnadenlos ausrangiert. Nach und nach zeigt sich immer drastischer die Tragweite dieses Systems. Doch Tereza macht nicht mit. Getrieben von ihrem Traum, einmal im Leben zu fliegen, flieht sie und erlebt eine Reise voller ungewöhnlicher Wendungen und Begegnungen. „Das tiefste Blau“ von Gabriel Mascaro ist ein wunderschön langsam erzähltes Meisterwerk mit berührend-surrealen Szenerien und faszinierend-schrulligen Charakteren, meisterhaft gespielt.
1992 verüben Rechtsextreme einen Brandanschlag auf zwei von türkischen Familien bewohnte Häuser in Mölln. Drei Menschen sterben, neun überleben schwer verletzt. Es folgt eine Flut an Solidarität: Hunderte Briefe und Karten erreichen die Stadt, Jung und Alt bekunden ihr Beileid, verbleiben in Trauer, Zorn und Scham. Die Schriftstücke verbleiben im städtischen Archiv und erreichen die Menschen nicht, an die sie gerichtet sind. Die sie gebraucht hätten. Erst 2020 erfahren die Hinterbliebenen davon. Der Film „Die Möllner Briefe“ begleitet manche von ihnen auf dem Weg nach Antworten, der die Angst vor weiteren Enttäuschungen birgt. Die Doku erzählt von gestrandetem Beistand und schandhafter Politik, lässt fassungslos zurück und findet, wie die Protagonist:innen, keine Antworten auf offene Fragen.
Außerdem neu in den Ruhr-Kinos: der feministische Bodyhorror „Animale“ von Emma Benestan, das Biopic „Maria Reiche: Das Geheimnis der Nazca-Linien“ von Damien Dorsaz, die Familien-Doku „Home is the Ocean“ von Livia Vonaesch, der Thriller „The Negotiator“ von David Mackenzie, das queere Drama „Drei Kilometer bis zum Ende der Welt” von Emanuel Părvu und das Jugend-Sequel „Die Schule der magischen Tiere 4“ von Bernhard Jasper und Maggie Peren.
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