Franz Walter (Lars Eidinger) wird gerade eine akademische Karriere in Aussicht gestellt. Zuvor aber soll er noch den Auslandsgeheimdienst der DDR unterstützen: Franz soll einen Überläufer in Hamburg ausspionieren – und zeigt Talent. Als die Kollegen vom Geheimdienst zu perfiden Methoden greifen, befallen ihn Skrupel. Doch Franz ist längst erpressbar geworden. Basierend auf dem Schicksal von Dr. Werner Teske, dem letzten DDR-Bürger, der zum Tode verurteilt wurde, liefert Franziska Stünkels Drama „Nahschuss“ eine Lehrstunde über die Mechanismen und Abgründe in Sachen Geheimdienstarbeit. Leicht trivialisiert, aber anschaulich und aufreibend skizziert Stünkel Manipulations-Mechanismen, Lars Eidinger bespielt eindrucksvoll körperlich Stationen der Angst und Verzweiflung.
Hamburg, Mitte der 90er Jahre: Asli begegnet Saeed. Die beiden verlieben sich, bald heiraten sie – heimlich, weil Aslis Mutter dagegen ist. Doch schon kurz nach dem Ja-Wort verschwindet Saeed spurlos. Asli hält am Glauben an die große Liebe fest, während Saeed eine Entscheidung trifft, die nicht nur seine Frau, sondern die Welt erschüttern soll. Anne Zohra Berracheds „Die Welt wird eine andere sein“ ist ein außergewöhnlich intensives Drama über die Liebe und die Gesellschaft - und das, was jenseits zwischen Alltag und Politik, Gewissen und Versprechen eine ganz eigene Dramaturgie der Liebe ist.
Nach „Die Champions“ und „Halbzeit“ hat sich das Regie-Duo Christoph Hübner und Gabriele Voss nun auf drei der ursprünglich fünf Protagonisten eingeschossen: Heiko Hesse, in Thailand verwurzelt, ist studierter Ökonom, der Ghanaer Mohammed Abdulai arbeitet als Busfahrer, Florian Kringe aus Siegen tritt heute noch in der BVB-Legendenmannschaft an. Allesamt träumten sie einst von einer Profifußballkarriere, Kringe setzte sich als einziger dauerhaft durch. Inwiefern der Ball bis heute alle drei Männer durchs Leben begleitet, davon erzählt „Nachspiel“ eindrucksvoll. Souverän montiert und bei ruhigem Fluss bleibt die Doku im Hinblick auf die Spieler (angenehm) an der Oberfläche, filtert dabei aber umso anschaulicher Essenz und Seele des (Männer-)Fußballs heraus.
Johnny (Regisseur Viggo Mortensen) ist über 50, schwul, mit einem Asiaten verheiratet, mit dem er gemeinsam ein mexikanisches Mädchen adoptiert hat. Das alles bietet für den homophoben, rassistischen und mit dem Leben unzufriedenen Vater (grandios: Lance Henriksen) reichhaltiges Futter für abfällige und diskriminierende Bemerkungen. Als Zuschauer ist einem dieser Willis schon sehr schnell äußerst unsympathisch, weswegen man die Geduld und die Liebenswürdigkeit des gedemütigten Sohnes immer wieder bewundert. Mortensens („Eine dunkle Begierde“) Regiedebüt „Falling“ ist merklich von persönlichen Erfahrungen geprägt, wunderbar realitätsnah gespielt und etwas altmodisch, aber sehr einfühlsam inszeniert. Gleichwohl ein nicht leicht zu verdauender Film.
Außerdem neu in den Ruhr-Kinos: Sabine Herpichs Doku „Kunst kommt aus dem Schnabel, wie er gewachsen ist“, Michel Francos dystopisches Drama „New Order - Die neue Weltordnung“, Euros Lyns etwas anderes Pferdedrama „Dream Horse“, Josh Duhamels wenig zimperliche Komödie „Buddy Games“, Shawn Levys Actionabenteuer „Free Guy“ und Everardo Gouts spannender Endzeit-Actioner „The Forever Purge“. Dazu starten Tim Storys Neuauflage des ewigen Katz-und-Maus-Spiels „Tom & Jerry“ und Martina Sakovas wunderschönes Jugendabenteuer „Sommer-Rebellen“.
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Heimlich verliebt
Die Filmstarts der Woche
Bewegung und Berührung
Eva Aeppli und Jean Tinguely in Duisburg – Ruhrkunst 05/25
Gegen digitalen Kolonialismus
Teil 1: Lokale Initiativen – Der Chaospott Essen klärt über Technik und Datenschutz auf
19 neue Standorte
KulturMonitoring in NRW wird ausgeweitet – Theater in NRW 05/25
„Ich ersetze keine Menschen – ich entlarve sie“
Ein Gespräch mit einer Künstlichen Arroganz über den Arbeitsmarkt – Glosse
Lässiger Spott
„Ophelia‘s Got Talent“ am Schauspiel Köln – Tanz in NRW 05/25
„KI streikt nicht“
Teil 1: Interview – Informatiker und Philosoph Jürgen Geuter über künstliche Intelligenz in der Arbeitswelt
Großer Auftritt zum Finale
Der Pianist und Dirigent Lahav Shani in Dortmund – Klassik an der Ruhr 05/25
Entmännlichung und Entfremdung
Festival Tanz NRW 2025 in Essen und anderen Städten – Tanz an der Ruhr 05/25
Feierabend heißt Feierabend
Neues Gesetz schützt Arbeiter vor ständiger Erreichbarkeit – Europa-Vorbild: Spanien
Ein Meister des Taktgefühls
Martin Mosebachs Roman „Die Richtige“ – Textwelten 05/25
Gegen Genderklischees
Eine Operetten-Wiederentdeckung in Köln – Oper in NRW 05/25
„Der Zweifel ist wach zu halten“
Direktor Nico Anklam über die Ausstellung der Ruhrfestspiele 2025 in der Kunsthalle Recklinghausen – Sammlung 05/25
Peitsche namens KI
Teil 1: Leitartikel – Beschäftigte werden mit neuester Technologie massenhaft überwacht.
„Der Zweifel als politische Waffe“
Intendant Olaf Kröck über die Ruhrfestspiele 2025 in Recklinghausen – Premiere 05/25
Muster im Dunkeln
„Holding Pattern“ im Dortmunder U – Ruhrkunst 04/25
Von innerer Ruhe bis Endzeitstimmung
Die 50. Mülheimer Theatertagen – Prolog 04/25
Der Mensch in prekären Zeiten
„We“ im Kunstmuseum Mülheim – kunst & gut 04/25
Unglückliche Ehen
„Coast Road“ von Alan Murrin – Literatur 04/25
Die Unschärfe der Jugend
Diskussion über junge Literatur im Essener KWI – Literatur 04/25
Auslöschen der Geschichte
Diskussion über Erinnerungskultur in Argentinien im Bochumer Fritz-Bauer-Forum – Spezial 04/25
In globalen Zeiten
Elias Sime im Kunstpalast in Düsseldorf – Kunst in NRW 04/25
Gegen den ewigen Zweifel
Die Ruhrfestspiele 2025 in Recklinghausen – Prolog 04/25
Mythos des Widerstands
Die Lesung „Das deutsche Alibi“ in Bochum – Spezial 04/25
Kindheit zwischen Flügeln
Anna Vinnitskaya in der Kölner Philharmonie – Klassik am Rhein 04/25