Kommissar Jang Hae-joon (Park Hae-il, „The Host“) kommt bei einem Mordfall nicht weiter, als ein weiterer Todesfall seine Aufmerksamkeit erregt. Zwar sieht der Absturz eines Kletterers zunächst wie ein Unfall aus, doch der erfahrene Kriminalist stößt auf einige Ungereimtheiten. Merkwürdig ist auch die recht kühle Reaktion der jungen, schönen chinesischen Ehefrau (Tang Wei, auch zu sehen in Ang Lees „Gefahr und Begierde“) auf den Tod ihres Mannes. Während die Mordfälle zunehmend verwirrender werden und seine Nähe zu der Witwe, die nach wie vor zu den Verdächtigen zählt, immer intimer, droht der Kommissar beruflich und auch privat den Durchblick zu verlieren. Wer Filme von Park Chan-wook kennt, weiß, dass Plot-Twists und vertrackte, parallel oder nonlinear erzählte Handlungsstränge zu den Spezialitäten des Regisseurs zählen. Der verschlungene, wenn nicht gar verhedderte Handlungsstrang in „Die Frau im Nebel“ tut sein Übriges, um den Zuschauer:innen auch bei seinem neuen Film über fast zweieinhalb Stunden lang volle Konzentration abzuverlangen. Das Ergebnis ist ein unglaublich elegant gefilmter und montierter Film, der trotz aller auch schonungslosen Dramatik vor allem durch Schönheit und Leidenschaft begeistert. Ein unglaublich herzzerreißendes Finale inklusive, das man – Plot-Twist, siehe oben – an dieser Stelle natürlich nicht vorwegnehmen darf.
Leyla und Tristan tauschen auf einer abgelegenen Insel mit einem anderen jungen Paar die Körper. Die depressive Leyla blüht dabei sichtlich auf, während sich Tristan im Körper des Aufschneiders Mo unwohl fühlt. Als Leyla im Anschluss mit Roman den Körper tauscht, wird es für Tristan umso komplizierter. Kann er seine Freundin auch noch im Körper eines Mannes lieben? „Aus meiner Haut”, Alex Schaads Mischung aus esoterischer Science-Fiction und empathischem Beziehungsdrama, liefert dem Publikum jede Menge interessanter und spannender Denkansätze und Fragestellungen. Das famos aufgelegte Schauspielerensemble macht in den unterschiedlichen Rollen durch nuanciertes Spiel und kleine wiederkehrende Gesten deutlich, welche Seele gerade im jeweiligen Körper steckt.
Ida (Angeliki Papoulia) legt mit ihrer fünfköpfigen Besatzung in Marseille an. Dort, in der Bar am Hafen, begegnet die Crew Soldaten der Französischen Fremdenlegion. Ida hört Geschichten, sie hört Lieder, und sie beschießt, mit dem Bot nach Algerien zu segeln, nach Sidi Bel Abbès, historischer Stützpunkt der Legion. Wasser und Gischt. Worte und Blicke. Geschichten und Begegnungen. Momente. Die bildende Künstlerin und Regisseurin Helena Wittmann („Drift“) folgt ihrer geheimnisvoll getriebenen Protagonistin sinnlich assoziativ. Die Kamera feiert anmutig beharrlich den Augenblick und setzt schon zu Beginn Tempo und Ausrichtung dieses Dramas: Man wird nicht geführt hier, sondern entführt. Auf die Sinne zurückgeworfen. Ausgebremst. „Human Flowers of Flesh“ ist eine mitreißende Besinnung auf den Moment, leidenschaftlich montiert in Bild und Ton. Erlebenswert. Durch Filme wie diese bleibt Kino Sehnsuchtsort.
Der jüdische Generalstaatsanwalt Fritz Bauer, 1949 aus dem Exil nach Deutschland zurückgekehrt, steht wie kein anderer für die strafrechtliche Verfolgung von Naziverbrechen im Nachkriegsdeutschland. Gegen viele Widerstände, wie ein Zitat des 1968 Verstorbenen trefflich spiegelt: „Wenn ich mein Büro verlassen, betrete ich Feindesland“. Sabine Lambys, Cornelia Partmanns und Isabel Gathofs Dioku „Fritz Bauers Erbe - Gerechtigkeit verjährt nicht“ spürt nach, wie Bauers Wirken – so auch erstmals die Anklage „Beihilfe zum Mord“ bei den Auschwitz-Prozessen 1963 – die Rechtsprechung beeinflusst hat. Dabei werden aktuelle NS-Prozesse begleitet und die Frage, warum sich so wenige und so späte Erfolge – zuletzt Ende 2022 bei der heute 97-jährigen KZ-Sekretärin Irmgard F. – bei der Rechtsprechung einstellten. Ein moralischer, vor allem aber juristischer Exkurs.
Außerdem neu in den Ruhr-Kinos: Marc Forsters Remake „Ein Mann namens Otto“, Hanna Dooses Schwarzwalddrama „Wann kommst du meine Wunden küssen“, Pepe Danquarts Maler-Doku „Daniel Richter“ und Jean-François Richets Insel-Actioner „Plane“.
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