Tuvalu
Deutschland 1999, Laufzeit: 100 Min., FSK 0
Regie: Veit Helmer
Darsteller: Denis Lavant, Chulpan Hamatova, Philippe Clay, Terrence Gillespie, E.J. Callahan, Djoko Rossich, Catalina Murgea, Todor Georgiev
"Man sollte dem Visuellen immer den Vorrang vor dem Dialog geben", hatte Hitchcock gesagt. Der 32jährige, bisher nur mit Kurzfilmen ("Tour Eiffel", "Surprise!") aufgefallene Veit Helmer aus Hannover hat das Postulat des Meisters radikal ernst genommen. Das Ergebnis ist eine echte Überraschung: dieses Film-Märchen, das sich wie ein balladesker Zauber aus dem von allen Zwängen befreiten Erzählrhythmus, der verwunschenen Ausstattung und Bildgestaltung, dem naiv-entrückten Spiel der Darsteller entfaltet, verblüfft durch seine unbeirrte Konsequenz und die souveräne Handhabung seiner visuellen Rhetorik. Es funktioniert im wahrsten Sinne fantastisch.In einem alten Schwimmbad, dessen blinder, tyrannischer Besitzer den desolaten Zustand und den Mangel an Besuchern nicht bemerken will, versucht der tumbe, herzensgute Sohn die Illusion der alten Zeiten aufrecht zu erhalten. Er hat das Gebäude noch nie verlassen. Als ein hübsches Mädchen als Badegast erscheint, bahnen sich dramatische Konflikte an - sowohl für die Gefühlswelt des jungen Wärters als auch für den Bestand der Anstalt. Herzstück des Gebäudes ist eine im Keller stampfende, vom Alten persönlich in täglich überwachtem Ritual gewartete Maschine. Als das Mädchen, das eine kleine Schaluppe geerbt hat, just ein Ersatzteil für den Schiffsmotor aus diesem Aggregat benötigt, entbrennt ein äußerer wie innerer Kampf des Guten gegen das Böse. Erst als der Vater die Wahrheit über seine altehrwürdige Institution erfährt und stirbt, vermag der verliebte Naivling seine Chance zu erkennen. Am Schluss ist er bereit, alle Illusion hinter sich zu lassen und mit Boot und Mädchen hinaus aufs Meer, zur Insel Tuvalu in der Südsee und in die Freiheit zu fahren. In offensichtlicher Anlehnung an Victor Hugos Roman "Das Teufelsschiff" formten Veit Helmer und seine Ko-Autorin Michaela Beck eine poetische Parabel über Fortschrittsglauben und den Fluch der Vergangenheit, über Verrat und Treue, Willkür und Freiheit, Gier und Liebe. Ihr Kunststück bestand darin, ein Werk ganz ohne ideologischen Ballast zu formen, ideenreich und ohne kommerzielle Rücksichten nur dem Credo kompromissloser Film-Ästhetik verpflichtet.
(Heinz Holzapfel)
„Ich wollte mich auf eine Suche nach Kafka begeben“
Regisseurin Agnieszka Holland über „Franz K.“ – Gespräch zum Film 10/25
Der Meister des Filmplakats
Renato Casaro ist tot – Vorspann 10/25
Woher kommt dieser Hass?
Fritz Bauer Forum Bochum: Unlimited Hope Film Festival mit Human Rights Film Awards – Festival 09/25
Ein Spiegel für die politische Mitte
Eröffnung Unlimited Hope Filmfestival im Bochumer Fritz-Bauer-Forum – Festival 09/25
„Es ist vertraut, aber dennoch spannend“
Schauspielerin Barbara Auer über „Miroirs No. 3“ – Roter Teppich 09/25
Am Puls der Zeit
Das 2. Unlimited-Hope-Filmfestival in Bochum und Dortmund – Festival 09/25
Weinende Wände
Das Filmtheater als Begegnungs- und Spielstätte – Vorspann 09/25
„Die Filme nehmen eine klare Haltung ein“
Direktor Jakob Gatzka über das 2. Unlimited-Hope-Filmfestival in Bochum und Dortmund – Interview 09/25
„Das Leben ist absurd, nicht der Film“
Regisseur Elmar Imanov über „Der Kuss des Grashüpfers“ – Gespräch zum Film 08/25
Sommerkino als Filmarchiv
Kollektives Gedächtnis statt Konserve – Vorspann 08/25
Kinofest-Test
Lünen als Versuchslabor für die Kinozukunft – Vorspann 07/25
Mikrodramen vs. Spielfilm
Was können Kinos gegen die Schnipselflut tun? – Vorspann 06/25
Arbeitskampf und Dekolonisation
Das IFFF 2025 in Dortmund und Köln – Festival 04/25
Amazon-Bond & beyond
007 ist zum Streaming-Start freigegeben – Vorspann 03/25
Opferbereit gegen das System
Dokumentarfilm „Algier – Hauptstadt der Revolutionäre“ im Essener KWI – Film 02/25
Früher war mehr Kino
Führung durch die Essener Ausstellung „Glückauf – Film ab!“ für trailer-Leser:innen
Aus unterschiedlichen Galaxien
Im Februar starten Biopics über Bob Dylan und Maria Callas – Vorspann 02/25
Ungeschönt aufs Leben blicken
32. blicke-Filmfestival in Bochums Endstation Kino – Film 01/25
Zwischen Helden- und Glückssuche
Die Kinotrends des Jahres – Vorspann 01/25
Schund und Vergnügen
„Guilty Christmas Pleasures: Weihnachtsfilme“ im Filmstudio Glückauf Essen – Foyer 12/24
„Das Ruhrgebietspublikum ist ehrlich und dankbar“
Oliver Flothkötter über „Glückauf – Film ab!“ und Kino im Ruhrgebiet – Interview 12/24
Besuchen Sie Europa
Die Studie Made in Europe und ihre Folgen – Vorspann 12/24
Franz K.
Start: 23.10.2025
Bugonia
Start: 30.10.2025
Stiller
Start: 30.10.2025