Stella. Ein Leben.
Deutschland 2023, Laufzeit: 121 Min., FSK 16
Regie: Kilian Riedhof
Darsteller: Paula Beer, Jannis Niewöhner, Katja Riemann
>> www.majestic.de/stella-einleben/
Ungewöhnliche Vergangenheitsbewältigung
Amoralische Zeiten
„Stella. Ein Leben.“ von Kilian Riedhof
Es ist wichtig, dass man in Deutschland die unrühmliche Vergangenheit unter der NS-Diktatur nicht vergisst und jene düstere Zeit durch Literatur und Film im Bewusstsein hält – gerade angesichts der aktuellen Lage, in der die Ultra-Rechten stetig an Stimmen hinzugewinnen. Man kann vom Krieg erzählen, indem man Kampfhandlungen abbildet und das Grauen des Sterbens thematisiert. Viel effizienter ist es jedoch zumeist, den wahren Alltag jener Zeit in den Mittelpunkt zu stellen, weil sich damit wesentlich mehr Menschen identifizieren können. Wie es trotz des Pogroms einigen jüdischen Deutschen gelang, der Deportation in Konzentrationslager zu entgehen und trotzdem weiterhin in Deutschland zu leben, hat auf eindringliche Weise bereits Claus Räfles Mischung aus Dokumentarfilm und Fiktion, „Die Unsichtbaren – Wir wollen leben“, im Jahr 2017 vor Augen geführt. Dem damaligen Protagonisten Cioma Schönhaus wurde zuletzt 2022 in „Der Passfälscher“ Tribut gezollt, wo dessen unglaubliche Geschichte noch einmal in Spielfilmlänge behandelt wurde. Auch in „Stella. Ein Leben.“ spielt Schönhaus wieder am Rande eine Rolle, im Zentrum steht hier nun aber die ebenfalls authentische Figur der Stella Goldschlag.
Stella (Paula Beer) ist eine lebensfrohe junge Frau, die auch Anfang der 1940er Jahre noch ihrer Liebe für Jazzmusik frönt, obwohl diese vom NS-Regime verboten ist. Das Netz spannt sich immer enger um Stella und ihre Familie, zumal diese jüdisch ist. Durch ihre Bekanntschaft mit dem findigen Juden Rolf Isaakson (Jannis Niewöhner) beginnt Stella, gefälschte Ausweise zu verkaufen, um Juden die Ausreise aus Deutschland zu ermöglichen. Doch die immer schwieriger werdenden Zeiten zwingen Stella schließlich dazu, ganz andere Überlebensstrategien zu entwickeln, um nicht unter die Räder zu kommen.
Man braucht ein bisschen, bis man in Kilian Riedhofs („Meinen Hass bekommt ihr nicht“) fiktionalisierte Nacherzählung tatsächlicher Ereignisse hineingefunden hat. Für einen Spielfilm über die NS-Historie ist „Stella. Ein Leben.“ erstaunlich progressiv gefilmt und geschnitten, was es dem Zuschauer zu Beginn allerdings schwermacht, mit den Figuren warm zu werden. Seine ganze visuelle und erzählerische Kraft entfaltet der Film in der zweiten Hälfte, wenn er auch inhaltlich neue Wege einschlägt. Dann wird Stella zur Verräterin an ihrem Volk, um ihr eigenes Leben zu retten. Eine moralisch sehr schwierige Entscheidung, die aufgrund der an sich amoralischen Zeiten ein Stück weit relativiert werden kann. In diesen Szenen läuft Hauptdarstellerin Paula Beer („Roter Himmel“) schließlich zu Höchstleistungen auf, zeigt uns eine zutiefst zerrissene und verzweifelte Frau. Gleichermaßen beeindruckend ist auch wieder ihr Co-Star Jannis Niewöhner, der bereits in „Je suis Karl“ bewiesen hatte, dass hinter seinem charmanten Sunnyboy-Äußeren tiefe Abgründe lauern können. Ein Film, der eine neue Perspektive eröffnet und zum Nachdenken anregt.
„Das Ruhrgebietspublikum ist ehrlich und dankbar“
Oliver Flothkötter über „Glückauf – Film ab!“ und Kino im Ruhrgebiet – Interview 12/24
Besuchen Sie Europa
Die Studie Made in Europe und ihre Folgen – Vorspann 12/24
Hagener Bühne für den Filmnachwuchs
„Eat My Shorts“ in der Stadthalle Hagen – Foyer 11/24
Ruhrgebietsfilmgeschichte erleben
„Glückauf – Film ab!“ im Essener Ruhr Museum
Zermürbte Gesellschaft
choices preview zu „Critical Zone“ im Odeon – Foyer 11/24
Die ganze Palette Kino
9. European Arthouse Cinema Day – Festival 11/24
Filmfestivalmonat November
Mit der Duisburger Filmwoche, Doxs! und dem Blicke – Filmfestival des Ruhrgebiets – Vorspann 11/24
Kunst des Nicht-Wegschneidens
„Anna Zeit Land“ im Filmforum – Foyer 10/24
Liebe und Macht
choices preview zu „Power of Love“ in der Filmpalette – Foyer 10/24
Restitution von Kolonialraubkunst
„Dahomey“ und „The Story of Ne Kuko“ im Filmforum – Foyer 10/24
Reise in die Seele des Kinos
Die Ausstellung „Glückauf – Film ab“ in Essen – Vorspann 10/24
„Die Geschichte ist jetzt unfassbar aktuell“
Regisseur Andreas Dresen über „In Liebe, Eure Hilde“ – Gespräch zum Film 10/24
Programmkollaps
Vergraulen immer komplexere Kinoprogramme das Publikum? – Vorspann 09/24
Zurück zum Film
Open-Air-Kinos von Duisburg bis Dortmund – Vorspann 08/24
Der Sieg des Glaubens
„Führer und Verführer“ im Kölner Odeon mit Regisseur Joachim Lang – Foyer 07/24
„Poor Things“, reiches Cannes
Eine Bilanz der ersten sechs Kinomonate – Vorspann 07/24
Lichtspiele mit Charme
Eröffnung der Ausstellung „Glückauf – Film ab!“ im Ruhr-Museum – Foyer 07/24
„Es geht um Geld, Gerechtigkeit und Gemeinschaft“
Regisseurin Natja Brunckhorst über „Zwei zu eins“ – Gespräch zum Film 07/24
Der Tod, der uns verbindet
NRW-Premiere von Eva Trobischs „Ivo“ – Foyer 06/24
Ewige Stadt, ewiges Kino
In Rom werden aus alten verlassenen Kinos wieder Kinos – Vorspann 06/24
Ein letzter Blick von unten
„Vom Ende eines Zeitalters“ mit Filmgespräch im Casablanca Bochum
„Wir erlebten ein Laboratorium für ein anderes Miteinander“
Carmen Eckhardt über „Lützerath – Gemeinsam für ein gutes Leben“ – Portrait 05/24
Grusel und Begeisterung
„Max und die wilde 7: Die Geister Oma“ mit Fragerunde in der Schauburg Dortmund
Der Kurzfilm im Rampenlicht
Die Internationalen Kurzfilmtage Oberhausen 2024 – Vorspann 05/24
Wenn Kino Schule macht
Die Reihe Filmgeschichte(n) spürt Schulgeschichten auf – Festival 05/24