James Bond 007 - Liebesgrüße aus Moskau
Großbritannien 1963, Laufzeit: 115 Min., FSK 12
Regie: Terence Young
Darsteller: Sean Connery, Daniela Bianchi, Robert Shaw, Lotte Lenya, Pedro Armendáriz, Bernard Lee, Desmond Llewelyn, Lois Maxwell
Packendes 007-Sequel
Mann gegen Mann
„Liebesgrüße aus Moskau“ von Terence Young
Nanu! Nachdem Bond im Kampf gegen Dr. No noch Weltherrschafts-Ambitionen abwendete, muss er sich in seinem zweiten Kinoabenteuer bloß auf eine Dechiffriermaschine und das eigene Überleben konzentrieren. Vieles ist anders, doch Essenzielles ist schon gleich. Und der Regisseur derselbe: Terence Young. Erstmals freuen wir uns derweil über Desmond Llewelyn, der noch nicht als Q, aber immerhin als „Waffenexperte“ auftritt und Bond mit einem Gadget ausrüstet, das ihm das Leben retten wird. Ein mit Betäubungsgas, Geldmünzen und Klingen bestückter Aktenkoffer. Anders als im Kampf gegen Dr. No ist Bond während seines neuen Abenteuers länderübergreifender in Bewegung: London, Istanbul, Jugoslawien und Venedig sind die Stationen, wobei ein besonderer Spannungsmoment der aufreibend epischen Reise im Orientexpress geschenkt wird. Der darin gipfelnde Kampf Mann gegen Mann auf engem, bewegtem Raum wird Bondfilme auch in Zukunft begleiten: 007 taktiert, kämpft und improvisiert, sei es im Zugabteil, im Fahrstuhl, in der Seilbahngondel oder in einer Flugzeugkabine. Filmkomponist John Barry tastet sich nun inspiriert heraus aus der Endlosschleife des musikalischen Grundthemas. Dabei legt er Fundamente, die sich bis hin zu „Feuerball“ vollenden sollen, wo sie in begnadet orchestrierten sinfonischen Arrangements ihren Höhepunkt finden werden.
„Hab ich genauso viel Sexappeal wie Ihre westlichen Frauen?“, fragt Bonds Gespielin hoffnungsvoll – feministisch angehauchte Zeitgenossinnen finden sich weder auf noch vor der Leinwand. Der Doppelnullagent macht keinen Hehl daraus, wo die Prioritäten liegen: Wenn es um Mütterchen England geht, bekommt das Frauchen, mit dem man eben noch die Nacht verbracht hat, auch mal ein paar wuchtige Ohrfeigen mit auf den Weg.
In der Türkei sollte man allerdings auch nichts anders erwarten – so suggerieren es zumindest die geradezu charmant selbstverständlich machohaften Einheimischen, die Bond zur Seite stehen. Egal: Unsere reizende Tatiana Romanova (Daniela Bianchi) ist ja zum Glück naiv genug, dem verführerischen Kerbholz zu verzeihen. Außerdem und immerhin - es gibt eine Quotenfrau, die dem Womanizer nicht erliegt. Eine alte, russische Hexe namens Rosa Klebb.
Ansonsten hält das Abenteuer sauber an wesentlichen, etablierten Mustern fest: Der Feind stolpert über seine Eitelkeit, Bond suhlt sich in kantigem Machocharme und turtelt am Ende in den Armen der Bondine. Die ewigen Konstanten.
Insgesamt bleibt „Liebesgrüße aus Moskau“ weniger eine Offenbarung als „James Bond 007 jagt Dr. No“. Alles wirkt hier, vom Gegenstand der Mission bis hin zum gestalterischen Rahmen, zurückgenommener, was nicht zuletzt den fehlenden Überbauten von Dr. No-Szenenbildner Ken Adam verschuldet ist. Das genügt aber immer noch, um sich als überdurchschnittlicher Agententhriller in die Genre-Historie einzuordnen. Und schenkt den Machern jenes gesunde Selbstbewusstsein, das folgende Abenteuer bereits im Abspann des aktuellen Streifens anzukündigen: „The End. Not quite the End. James Bond will return in the next Ian Fleming Thriller ‘Goldfinger’”
(Hartmut Ernst)
Sichtbarkeit vor und hinter der Leinwand
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