Baby
Brasilien, Frankreich, Niederlande 2024, Laufzeit: 106 Min., FSK 16
Regie: Marcelo Caetano
Darsteller: João Pedro Mariano, Ricardo Teodoro, Bruna Linzmeyer
Atmosphärisches Sozialdrama
Auf der Straße
„Baby” von Marcelo Caetano
Nichts ist mehr, wie es war, als der achtzehnjährige Wellington (stark: João Pedro Mariano in seinem Filmdebüt) nach fast zwei Jahren aus dem Jugendgefängnis entlassen wird. Seine Eltern haben die alte Wohnung verlassen und auch keine neuen Kontaktdaten angegeben. Handy hat der junge Mann auch keines, von der ehemaligen Vermieterin bekommt er zumindest eine Jacke geschenkt. In einem Pornokino macht der Schwule die Bekanntschaft mit dem deutlich älteren Ronaldo (Ricardo Teodoro). Die beiden finden sich attraktiv, aber Ronaldo arbeitet als Stricher und verlangt für Sex eigentlich Geld. Trotzdem nimmt er Wellington, den er „Baby“ nennt, mit in seine Wohnung. Er überredet den Jungen, es auch einmal als Escort zu versuchen, hübsch genug für den Job sei er allemal. Nachdem sie zusammen vor den Augen eines Voyeurs Sex miteinander hatten, ist das Eis langsam gebrochen und Baby findet zunehmend Gefallen an der neuen Art, Geld zu verdienen. Durch die Bekanntschaft mit dem Drogendealer Torres (Luiz Bertazzo) kommt für das ungleiche Paar noch eine weitere Art des Geldverdienens hinzu, denn fortan verticken sie auf der Straße auch dessen Drogentütchen.
Marcelo Caetano hat nach „Body Electric“ mit „Baby“ seinen zweiten Langfilm realisiert, der sich abermals mit schwulem Begehren auseinandersetzt. Im Mittelpunkt des Films steht der Heranwachsende Wellington, der von seiner Familie im Stich gelassen wurde und sich nun auf den Straßen von São Paulo ganz alleine zurechtfinden muss. Aufgrund seiner homosexuellen Neigungen und seines blendenden Aussehens versucht er sich als Stricher. Das ist natürlich bereits seit Jahren ein gängiges Klischee im queeren Coming-of-Age-Film, hat aber trotzdem nichts von seiner Faszination eingebüßt. In „Sebastian“ von Mikko Mäkelä wurde die Thematik gerade erst genutzt, um eine sexpositive Geschichte rund um Sexarbeit zu erzählen und diese aus der Schmuddelecke herauszuholen. Baby hat zwar ebenfalls Spaß an der Sexarbeit und empfindet auch keinerlei Abscheu, wenn er sich auf ältere und nicht dem gängigen Schönheitsideal entsprechende Kunden einlassen muss. Trotzdem ist in Caetanos Film der Escortdienst zunächst einmal die Chance, sich einen Lebensunterhalt zu verdienen und ein Stückweit aus dem sozialen Elend herauszukommen. Gleichzeitig wird der Protagonist hier durchaus auch als Romantiker inszeniert, der sich nach einer festen Partnerschaft und sozialer Sicherheit sehnt. Dass ihm seine kriminelle Vergangenheit hier immer wieder einen Strich durch die Rechnung macht, ist die traurige Logik hinter seiner Existenz, die eben nicht privilegiert ist wie im Falle des Literaten Sebastian, der in der Sexarbeit in erster Linie seine sexuellen Wünsche und Fantasien auslebt.
„Baby“ überzeugt durch seine atmosphärisch stimmungsvolle Milieuzeichnung, in der auch das Vogueing einen festen Platz einnimmt, und durch die überzeugenden Darstellerleistungen seines authentischen Casts.
(Frank Brenner)
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