
Am Ende kommen Touristen
Deutschland 2007, Laufzeit: 85 Min.
Regie: Robert Thalheim
Darsteller: Alexander Fehling, Ryszard Ronczewski, Barbara Wysocka, Piotr Rogucki, Rainer Sellien, Lena Stolze, Lutz Blochberger, Willy Rachow, Roman Gancarczyk, Adam Nawojczyk, Halina Kwiatkowska, Joachim Lätsch
... wenn sie denn kommen
carinho (18), 13.11.2007
Bereits beim Durchlesen der Inhaltsbeschreibung zieht sich das Herz zusammen, wird das Interesse geweckt: ein Deutscher, der seinen Zivildienst in Auschwitz ableistet und sich sowohl Vergangenheit als auch Gegenwart stellen muss. Wie gelingt es einem Filmemacher, mit diesem schwierigen Thema sensibel und klug umzugehen? Es muss leider gesagt werden: der Streifen enttäuscht. Wider Erwarten gibt es hier keinen Spannungsbogen, keine Dramatik, an der man sich entzündet.
Zu Beginn ist es noch schön, mitzuverfolgen, wie Sven, der Zivi, sich langsam in der fremden Welt des heutigen Oswiecim zurechtfindet. Die Suche nach Berührungspunkten gestaltet sich als schwierig, angesichts der deutsch-polnischen Verhältnisse, die vor allem im Konflikt mit dem Rocksänger gut dargestellt werden. Man ist gespannt: was geschieht? Wie funktioniert die Beziehung zum ehemaligen KZ-Häftling Krzeminski?
Thalheim erzählt in klaren, schnörkellosen Bildern, die zwar präzise Psychogramme entwerfen, aber nicht richtig zu bewegen vermögen. Die Auseinandersetzung mit der Geschichte steckt in den Kinderschuhen, die Charaktere sind blass, gerade auch die zarte Liebesgeschichte hinterlässt keinen bleibenden Eindruck - wirkt spröde, oberflächlich, unausgereift.
Doch bei allem Ernst entbehren die Szenen nicht einer gewissen Komik und einer Leichtigkeit. Fazit: Auschwitz ist härtester Tobak, doch das hier ist nicht mehr als leicht verdauliche Kost.
Betroffenheitstourismus
Colonia (683), 16.08.2007
Bewegte sich Robert Thalheims erster Film "Netto" noch auf der gut geölten Tragikomödie-Schiene um einen sympathischen Looser samt Sohn im Nachwende-Deutschland, so ist das Thema seines zweiten Werkes ebenso unerwartet wie originell. Nicht ganz einfach zwar, aber Thalheim hat einen unschlagbaren Vorteil: Er war selbst anderthalb Jahre als Zivi in Auschwitz. Viele Emotionen, Begegnungen und Erfahrungen konnte er in seinem Drehbuch unterbringen.
So wirkt "Am Ende kommen Touristen" denn auch präzise beobachtet und sehr authentisch. Der Film steht und fällt allerdings mit den beiden fantastischen Hauptdarstellern, dem Newcomer Alexander Fehling und der polnischen Film-Ikone Ryszard Ronczewski. Große Spannung wird nämlich nicht aufgebaut und manchen Rand-Aspekt hätte man sich besser beleuchtet wünschen können. Aber die Aneinanderreihung kleiner Gesten und teilweise grotesker Szenen inklusive Betroffenheitstourismus trägt tatsächlich die 85 Minuten.
Eine Antwort auf die Frage "Ja, wie soll man denn nun mit so einem Thema richtig umgehen?" gibt der Film auch nicht. Der erhobene Zeigefinger bleibt also erfreulicherweise aus.
Siehe auch -> "Netto"
Halbmutig
otello7788 (554), 16.08.2007
Der Film ist u.a. vom "Kleinen Fernsehspiel" des ZDF produziert worden. Und genau dahin hätte er gepasst. Nicht nur, daß die Bilder nicht fürs Kino reichen, auch die Geschichte ist so klein erzählt, daß sie besser im Fernsehen aufgehoben wäre. Es ist fast so, als hätte der Regisseur ängstlich vermieden, die Handlung mit Dramatik zu versehen, da es ja ein brisantes Thema ist. Leider verschenkt er mit dieser "immer-schön-an-Wand-lang" Erzählweise die guten Ansätze. Hervorzuheben sind allerdings die guten schauspielerischen Leistungen und der gute Schnitt.

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