Dunkle Kleidung, schwerer Atem, ein strenger Geruch und dröhnende Ohren: Das beschreibt den gemeinen Besucher der Bochumer Matrix am 12. Dezember. Diesem Zustand ging das Konzert von Stahlmann, der Göttinger Rockband mit den grau schillernden Gesichtern, voraus. Die ehemalige Industriehalle schmückte sich zu diesem Anlass ganz in Schwarz mit Nietenarmbändern, Bandshirts und Lederjacken, denn aus der Umgebung und von weit her kamen Anhänger der Schwarzen Szene und des Hard und Alternative Rock.
Schon die Münchener Vorband Mundtot füllte die Zuschauerreihen und sorgte für einen rasanten Temperaturanstieg in der Diskothek. Ähnlich instrumentalisiert wie der Headliner spielten die vier Jungs soliden Indie und Alternative Rock mit Synthesizer-Elementen. Frontmann Tino rappte und sang auf Deutsch: Eindringliche, ehrliche Texte zeichnen die Band aus, die seit ihrer Gründung vor fünf Jahren eine EP und zwei Alben veröffentlicht hat. Mit ihrer authentischen Art gewannen Mundtot das Publikum, das sich zu großen Teilen schon in der Halle eingefunden hatte, problemlos für sich. So schufen sie eine gute Basis für den Haupt-Act des Abends, der sich hinter der Bühne noch Gesicht und Arme silbern bemalte.
Stahlmann, neben Bands wie Rammstein und Oomph! Vertreter der Neuen Deutschen Härte, konnten sich ab dem ersten Gitarrenriff der ungeteilten Aufmerksamkeit ihres Publikums sicher sein. Zahlreich waren hauptsächlich Fans, allerdings auch viele andere Sympathisanten zum letzten Konzert der diesjährigen Tour erschienen. Sänger Martin Soer sorgte ab Beginn des Auftritts dafür, dass die Stimmung nicht ein einziges Mal abriss.

Mit beliebten Songs wie „Hass mich“, „Süchtig“ und „Stahlwittchen“ erfüllten Stahlmann alle Wünsche ihrer Fans und setzten sogar noch eins drauf: Vor dem offiziellen Release ihres neuen Albums im nächsten Jahr überraschten die Göttinger die Zuschauer mit dem noch unveröffentlichten Song „Freiflug“. Der kam gut an – kein Grund zur Sorge also für die Band. Martin, Frank, AblaZ und Niklas überzeugten ohnehin durch jahrelange Bühnenerfahrung und ließen, wenn denn vorhanden, kein Lampenfieber erkennen. Den Bühnenraum nutzten sie bis in die letzte Ecke aus, tauschten die Plätze, hielten die Szenerie in Bewegung. Das Publikum ließ sich mitreißen und tanzte bis zum Schluss mit.
Dabei wurde es laut; während E-Gitarre, Bass und Schlagzeug dem Alternative Metal zuzuschreiben sind, kombinieren Stahlmann diese „traditionellen“ Instrumente mit Synthesizer-Elementen. Dieser außergewöhnliche Sound zieht sich durch alle Lieder. Mit kräftiger Stimme sang Frontmann Martin eindringliche Texte, die sich durch kurze, sich wiederholende Phrasen zum Mitsingen und einen wiederkehrenden Hang zur BDSM-Thematik auszeichnen. Das Publikum, trotz überwiegend schwarzer Bekleidung bunt gemischt von jungen Szenegängern über ältere Rock-Anhänger bis hin zu Rentnern, blühte in seiner Rolle als Chor auf und bewies sich als textsicher.
Neben all den harten Worten und elektrisierenden Rhythmen wurde Martin Soer dann irgendwann doch ein wenig sentimental und erzählte von den Anfängen der Gruppe, die nicht zum ersten Mal in der Matrix auftrat: „Vor ein paar Jahren haben wir hier gespielt und vor uns standen knapp dreißig Menschen.“ Stahlmann sind sich ihres Erfolges bewusst und zeigten den Besuchern gern ihre Wertschätzung und Dankbarkeit. Hinter der stählernen Fassade steckt also doch ein weicher, sehr sympathischer Kern.
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