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Politikwissenschaftler Richard Gebhardt sprach über den Aufstieg der AfD
Foto: Benjamin Trilling

„Kulturkampf von rechts“

13. Oktober 2016

„AfD, Pegida und Co.“ mit Richard Gebhardt am 12.10. im Bahnhof Langendreer

Angst habe er keine mehr. „Das macht doch schon lange die Runde“, sagt Richard Gebhardt. Der Politikwissenschaftler beschäftigt sich schon seit Jahren mit dem Phänomen Rassismus und hat schon etliche Bücher zu diesem Thema geschrieben. Egal, ob am Arbeitsplatz, in Fußballstadien oder Kneipen – seit den 80ern zeichne sich in Deutschland ab, dass circa 30 Prozent der Bevölkerung rassistische Ressentiments vertreten oder dafür empfänglich sind. „Das schwappte auch immer mal wieder hoch“, so Gebhardt, der etwa die Möllemann-Kampagne oder die Sarrazin-Debatte erwähnt. Bisher habe nur die Partei gefehlt. „Auf einmal wird aus einem Papiertiger eine soziale Bewegung.“ Trotzdem kam der Aufstieg plötzlich, denn vor der „Flüchtlingskrise“ wurde die Afd schon tot gesagt. Doch in den letzten Monaten gab es keine Wahl, in der die RechtspopulistInnen nicht triumphierend in den Landtag gezogen sind. Über 21 Prozent in Sachsen, 16 Prozent bundesweit in Umfragen. „Sie sind gekommen, um zu bleiben“, meint Gebhardt. 

„Tiefenbohrung“: Warum ist die AfD so erfolgreich?

Im gut besuchten Studio 108 des Bahnhof Langendreer fragte der Rassismus-Experte in seinem lebendigen Vortrag, seiner „Tiefenbohrung“, nach den Grundlagen für den Erfolg der Höcke, Petry und Co. Es entstehe „ein Kulturkampf von rechts“, wie es der Politikwissenschaftler nennt. „Es ist ein neuer Ton eingekehrt.“ Gegen „Gender Mainstreaming“, „Willkommenskultur“, „Islam“ oder „Homo-Ehe“. „Das eigentliche Element der Rechtspopulisten ist der Antipluralismus“, so Gebhardt über die Hetze gegen Minderheiten, die nicht unbegründet sei. Als Beispiel nennt er den Sänger und Travestiekünstler Conchita Wurst, nur eine von vielen ausgemachten Feindfiguren der Rechten, da sie – wie andere sexuelle oder ethnische Minderheiten – mittlerweile in den Medien bei Debatten mitmischen dürfen. Minderheiten haben eine neue Macht erhalten, fasst Gebhardt zusammen. „Das merkt natürlich der rechte Block.“

„Renaissance der völkischen Kapitalismuskritik“

Damit einher gehe auch eine Repräsentationskrise: Selbst konservative PolitikerInnen wie Gauck, Wulff oder Merkel stünden für eine Willkommenskultur. Sogar die Bild-Zeitung sprach während des Train-of-Hope-Diskurses von „Refugees Welcome“. „Daher ist auch die Rechte der Auffassung, dass ihre eigene Politik keine Repräsentation hat.“ Dabei hätten gerade Bild, Spiegel und Co. einen antimuslimischen Rassismus mitgetragen, so Gebhardt. „Die Rede von Islamisierung ist in keinster Weise auf die Afd beschränkt.“

In der Rhetorik der RechtspopulistInnen sind jedoch rassistische Parolen mit einer Anti-Establishment-Stimmung verbunden. „Rechtspopulistische Parteien sind Chamäleonwesen“, weswegen sie neben dem rechten Kulturkampf auch auf Sozialpopulismus setzten „Es geht der Afd um eine Renaissance der völkischen Kapitalismuskritik. Sie ist auch eine Partei der Arbeiter und Arbeitslosen.“ Der rechte Diskurs prägt auch wieder den der Medien. Der Politikwissenschaftler spricht von einer „Empörungsspriale.“ Die klingt auch in der Rhetorik von Pegida und Co. wider, die paranoid vor Überfremdung warnen. „Versetzen Sie sich doch bitte in die Lage eines Rechten“, fordert der freie Autor. „Die Leute gehen durch die Öffentlichkeit wie ein Zwangsneurotiker durch die Badeanstalt.“ Angst sollte man davor wirklich nicht haben.

Benjamin Trilling

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