Ich entstamme ja der Generation, die viele Dinge für unumstößliches Gesetz und andere Dinge für absolut unmöglich hielt. In meiner Kindheit wurde ich abends ins Bett geschickt mit der Anweisung „Waschen, Zähne putzen und dann ab in die Buntkarierten! Und dann LICHT AUS! Und nicht mehr lesen!" Gerne fügte mein Vater auch den kleinen Scherz hinzu: „... und benutz beim Waschen ruhig ein bisschen Wasser!" Hahaha, was fand ich das komisch. Komisch würden die Kinder heutzutage diese Verabschiedung auch finden – nur aus ganz anderen Gründen. Die Jugend heutzutage braucht man nicht zum Wasserverbrauch zu animieren. Stundenlange Dusch- und Ganzkörperrasurorgien machen halbe Talsperren leer. Und was könnten die Eltern meinen mit der Ermahnung, im Bett nicht mehr zu lesen? Wozu sollten sie das tun? Lesen? Höchstens noch schnell ein paar Posts bei Facebook aktualisieren und ein paar Buchstaben bei Whatsapp abstreifen. „bin jz auf chillmodus! L
lol ... c u. hdgdl!“ Das haben Sie jetzt nicht verstanden? Das meinte ich mit den Dingen, die wir Älteren noch vor ein paar Jahren als unmöglich eingestuft hätten. Gut, Zeiten ändern sich, das haben sie schon immer getan. Dennoch glaubte ich, dass bestimmte Dinge sich ganz sicher nie ändern würden. Dass Wasser beispielsweise etwas ist, was uns allen zum Benutzen als Allgemeingut zur Verfügung steht.
Einen Spaziergang im Mondlicht mit freiem Anblick des nächtlichen Firmaments könnte man ganz gut verkaufen
Nun überkommt uns alle das blanke Entsetzen bei der Vorstellung, dass Wasser privatisiert und dadurch möglicherweise unbezahlbar wird. Andererseits, wenn man's recht bedenkt, da tun sich doch ganz neue Geschäftsideen auf. Schließlich wurde den Indianern auch seinerzeit Land weggenommen, was sie für teures Geld irgendwann hätten zurückerwerben können, wenn sie denn Geld gehabt hätten. Warum also nicht einfach alles vermarkten, was uns so scheinbar selbstverständlich ständig umgibt. Eine Firma, die unseren Sauerstoffverbrauch pro Tag misst und uns unsere Luft zum Atmen verkauft. Wer Sport macht und deshalb viel Luft verbraucht, zahlt mehr! Wer wiederum, so wie die meisten Politiker, viel heiße Luft von sich gibt, darf mit ordentlichen Vergünstigungen rechnen. Und warum sollen wir nicht auch die Sonnenmitbenutzung bezahlen? Und einen Spaziergang im Mondlicht mit freiem Anblick des nächtlichen Firmaments. Das könnte man doch ganz gut verkaufen. Auch Schlafen, Wachen, Lächeln, Weinen oder Träumen könnte ganz bestimmt in irgendeiner Weise vermarktet werden. Wenn man's so betrachtet, dann ist doch die Privatisierung des Wassers noch ein recht lächerlicher Anfang. Wenn wir dann später unsere Enkel und Urenkel ins Bett schicken, dann mit der Ermahnung: Geht jetzt schön Zähne putzen ... in Mamas Flasche ist noch ein Rest Champagner, bitte nehmt den zum Waschen, das ist billiger. Und dann Gardinen zu, Mond hatten wir diesen Monat schon zweimal! Und vergesst nicht, den Traumkontrollator einzuschalten, sonst müssen wir wieder die teure Pauschale zahlen ...“ Sie finden, ich übertreibe? Stimmt, das tue ich gern. Kost ja nix! Noch nix.
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Den Ursprüngen sozialer Phobien auf der Spur – Europa-Vorbild: Irland
Im Sturm der Ignoranz
Eine Geschichte mit tödlichem Ausgang – Glosse
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Intro – Unheimlich schön
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Teil 2: Leitartikel – Fitnessstudios: zwischen Gesundheitstempeln, Muckibuden, Selbstverliebtheiten und Selbstgeißelung?
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„Schönheit ist ein zutiefst politisches Thema“
Teil 3: Interview – Kulturwissenschaftlerin Elisabeth Lechner über Schönheitsdruck