Nein, das ist keine Tulpe. Was man beim Blick durch die Schaufenster in den hell ausgeleuchteten Ausstellungsraum als Frühlingsblume in einer Glasvase auf weißem Sockel liest, entpuppt sich von Nahem als lässig aus der grünen Plastikverpackung gepellter Harnkatheter. Auch die vier beigen Wandbilder mit floral anmutenden, fast symmetrischen Motiven zeigen keine klassische Malerei, sondern mit transparenter Acrylfarbe übermalte weiße T-Shirts, die quadratischen Holzplatten aufgezogen wurden.
Keith Farquahar verwendet häufig Alltagsobjekte und Kleidungsstücke als Material für seine Bildwerke und Installationen. In der ersten institutionellen Einzelausstellung des Künstlers aus Edinburgh in Deutschland verbinden sich alle Einzelelemente im Raum zu einem Gesamtbild. Selbst die Sockel sind nicht nur Träger von Werken, sondern autonome Bestandteile mit plastischem Eigenwert. In der dekorativen Wirkung schwingt von Anfang an eine gewisse Irritation mit. Die Arbeiten tangieren einen geradezu körperlich, was sicher auch daher rührt, dass die Ausgangsmaterialien in Zusammenhang mit Körperlichkeit stehen. Unterleib, Rumpf, Kopf: Zu Harnkathetern und T-Shirts gesellen sich noch Fahrradhelme, die Farquhar bis auf die schwarze Grundierung abschmirgelte und mittels Kabelbindern zu einer molekülkettenartigen Girlande verknüpfte – wie ein überdimensionaler DNA-Strang. Sowieso haben alle Arbeiten etwas Biomorphes. Dabei sind sie hintergründig und doppelbödig, zugleich nicht ohne Witz. Und auch der Ausstellungstitel „Coders reuse us“ spielt als Anagramm von „Used Resources“ ein Rückübersetzungsspiel. Sehenswert!
Keith Farquhar – Coders reuse us | voraussichtlich geschlossen bis 19.4. | NEK. Neuer Essener Kunstverein | 0176 20 50 11 84
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