„Wackel mit die Huften, Baby, und wenn Du es tust, tue es besonders sexyful“ – mehr als zehn Jahre ist es her, dass King Julien, König der Lemuren, dieser Satz nicht frei von Akzent-Klischees in dem Animationsfilm „Madagascar“ über die Lippen ging. Aber was für sprechende Lemuren gilt, kann für Menschen nicht so falsch sein. Auch wir sind Bewegungstiere, bei denen viel aus der Körpermitte kommt. Die besondere Konstruktion unseres Beckens ist eine der Voraussetzungen, die unseren Vorfahren den aufrechten Gang und somit einen evolutionären Vorteil verschafft hat. Was wären wir ohne Hüften? Weder könnten wir etwas locker aus der Hüfte schießen, noch kämen ganz andere Aktivitäten in Frage, die ohne Hüfte deutlich weniger Spaß machten.
Das Interesse der Kulturgeschichte an dem Faszinosum ist also nicht verwunderlich. Glücklicherweise gehen Choreografin und Bewegungsforscherin Foteini Papadopoulou und Tänzerin und Schauspielerin Roshanak Morrowatian bei ihrem Stück „Hips don‘t Lie“ wenig akademisch vor. Die Künstlerinnen beschreiben ihre Performance zwar als „fiktive Vorlesung mit Tanz“, untersuchen Hüfte und Becken aber praktisch und am lebenden Subjekt. Ausgangspunkt für das Projekt war ihre Beobachtung, dass der Körpermittelpunkt oft als Impulsgeber für tänzerische Bewegungen dient. Ist dieser Impuls intuitiv in unseren Bewegungsapparat eingeschrieben? Welche Rolle spielen Modetrends und Körperideale bei der Inszenierung von Hüfte und Becken? Und wie wird diese Partie des Leibes in unterschiedlichen historischen und kulturellen Kontexten gesehen?
Die Absolventinnen der Folkwang Universität der Künste gehen diesen Fragen mittels des eigenen Körpers nach. Auf der Bühne treffen ihre Choreografien auf längst im Kollektivgedächtnis verankerte Moves von Elvis „the Pelvis“ Presley, Tina Turner, Mick Jagger oder Bruno Mars. Entschleunigt und ohne Rotation können sich Interessierte zusätzlich in einer dazu passenden Ausstellung von Afagh Morrowatian in das Thema vertiefen, die im Foyer des Maschinenhauses jeweils eine Stunde vor Vorstellungsbeginn öffnet.
„Hips Don‘t Lie“ | Ch: Roshanak Morrowatian, Foteini Papadopoulou | Fr 27., Sa 28.4. 20 Uhr, So 29.4. 18 Uhr | Maschinenhaus Essen | www.maschinenhaus-essen.de
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Das Unsichtbare sichtbar machen
Choreographin Yoshie Shibahara ahnt das Ende nahen – Tanz in NRW 04/24
Mackie im Rap-Gewand
„MC Messer“ am Theater Oberhausen – Tanz an der Ruhr 04/24
Einfach mal anders
Das stARTfestival der Bayer AG in Leverkusen geht eigene Wege – Festival 04/24
Liebe und Gewalt
„Told by my Mother“ in Mülheimer a.d. Ruhr – Tanz an der Ruhr 03/24
Tennismatch der Kühe
„Mata Dora“ in Köln und Bonn – Tanz in NRW 03/24
Kommt die Zeit der Uniformen?
Reut Shemesh zeigt politisch relevante Choreographien – Tanz in NRW 02/24
Hochzeiten und Hüte
„Hello, Dolly“ am MiR in Gelsenkirchen – Tanz an der Ruhr 01/24
Am Ende ist es Kunst
Mijin Kim bereichert Kölns Tanzszene – Tanz in NRW 01/24
Trainingsraum für Begegnungen
„Nah“ im Maschinenraum Essen – Tanz an der Ruhr 11/23
Eine Sprache für Objekte
Bundesweites Festival Zeit für Zirkus 2023 – Tanz in NRW 11/23
Schwofende Schwellenfigur
„Don Q“ am Musiktheater im Revier – Tanz an der Ruhr 10/23
Die Sprache der Bewegung
Die Comedia lockt das junge Publikum zum Tanz – Tanz in NRW 10/23
Von der Straße ins Theater
„Multiversum“ am Theater Oberhausen – Prolog 04/24
Tödlicher Sturm im Wurmloch
„Adas Raum“ am Theater Dortmund – Prolog 04/24
Die ultimative Rache vor weißer Schleife
„Die Fledermaus“ mit Schauspielstudierenden an den Kammerspielen Bochum – Auftritt 04/24
„Ich mache keine Witze über die Ampel“
Kabarettist Jürgen Becker über sein Programm „Deine Disco – Geschichte in Scheiben“ – Interview 04/24
„Zu uns gehört das Lernen von den Alten“
Intendant Olaf Kröck über die Ruhrfestspiele 2024 – Premiere 04/24
Verloren im Nebel
Das Duo Paula Rot im Foyer des Theaters Duisburg – Bühne 03/24
Glücklich bis ans Ende?
„Star-Crossed Lovers“ in Essen – Prolog 03/24
Ein Baum im Herzen
„Eschenliebe“ am Schauspielhaus Bochum – Prolog 03/24
Über die Familie
45. Duisburger Akzente – Festival 03/24
Sternfahrt zum Shoppen
„Einkaufsstadt, 4300“ von Trio ACE in Essen – Prolog 03/24
„Im Gefängnis sind alle gleich“
Regisseurin Katharina Birch über „Die Fledermaus“ an den Bochumer Kammerspielen – Premiere 03/24