Douglas (Caleb Landry Jones) kann mit Hunden besser als mit Menschen. Er ist von einer Kindheit unter der Knute eines sadistischen Vaters und Bruders gezeichnet und an den Rollstuhl gefesselt. Gegen die toxische Männlichkeit, die seine Familie vorgelebt hat, rebelliert er, indem er als Drag Queen auftritt. Und er kämpft gegen Kerle, die wie sein Vater andere mit Gewalt knechten – mit Hilfe seiner Hundebande-Ersatzfamilie, die Erstaunliches vollbringen kann! Der Titel „Dogman“ lässt an Stoffe à la „Spider-Man“ und „Ant-Man“ denken, und tatsächlich hat der Draht, den die Hauptfigur zu ihren vierbeinigen Freunden hat, etwas Fantastisches. Aber Bessons Film ist düsterer, schmerzhafter, tragischer: Nur die Tiere sind ein Lichtblick, der sich gegen die Unmenschlichkeit und Macho-Männlichkeit behauptet.
Anselm Kiefer ist einer der erfolgreichsten Künstler der Gegenwart. Bekannt ist er für seine großformatigen, düsteren Bilder, in denen er deutsche Geschichte und Kultur thematisiert. Sujets, mit denen er in der Vergangenheit oft in seiner Heimat aneckte, während er in den USA schon früh in den Künstlerolymp gehoben wurde. Zwei Jahre lang wurde er von Wenders begleitet. Anfangs zeigt der nur Weite, Tiefe und Größe, Bilder, die selbst wie Malerei wirken. Doch in der zweiten Hälfte lässt er den Künstler zu Wort kommen. Anhand alter und neuer Interviews erfahren wir in „Anselm – Das Rauschen der Zeit“, wo Kiefer seine Inspiration findet, welche Themen ihn besonders interessieren und wie er arbeitet. Auch weniger an Kunst oder Kiefer interessierte Zuschauer werden dieser Reise in die Tiefe der Bilder etwas abgewinnen können.
Die Bauunternehmerin Sarah (Lydia Leonard), ein alter Veteran der British Army (Timothy Spall) und ein Influencer-Paar stellen sich in einer Therapiegruppe ihrer Flugangst. Gemeinsame Bewährungsprobe: ein Flug von England nach Island. Nach ersten Turbulenzen hält sich Therapeut Charles wacker an die Motivationsformeln, doch die greifen längst nicht mehr. Nach seinem eigenwilligen „Under the Tree“ legt der isländische Regisseur Hafsteinn Gunnar Sigurðsson mit „Fearless Flyers – Fliegen für Anfänger“ jetzt nach. Auch hier ist er in den guten Momenten skurril, in anderen albern. Sigurðsson pfeift auf Logik und Vertiefung und widmet sich vollends dem wachsenden Chaos und seinen verschrobenen Figuren. Dabei bringt er manche Spitze auf Digital- und Stadtneurose an. Und Timothy Spall („Mr. Turner“) spielt bewährt verschroben.
Die Lausitz: Nach der Wende sah sich die Region einer radikalen, politisch schlecht begleiteten Deindustrialisierung ausgesetzt. Die Folge: Keine Zukunftsperspektiven, massive Abwanderung, die Bevölkerung schrumpft um 20 Prozent. Jetzt stehen die Menschen vor der nächsten epochalen Herausforderung: dem Kohleausstieg. Die Erfahrungen aus der ersten Krise verheißen nichts Gutes: falsche Versprechungen, politische Verfehlung. Jetzt soll es der Strukturwandel bringen. Viele befürchten die nächste Wegzugsorgie Dokumentarfilmerin Britt Meyer besucht in „Auf der Kippe“ Bewohner:innen, Politiker, Investoren und Umweltaktivist:innen. Ihr Film beschreibt die Ängste vor dem Transformationsprozess ebenso wie die Visionen engagierter Lokalpolitik. Ein anschaulicher, beispielhafter Streifzug entlang Hoffnung und Ernüchterung, Chancen und Grenzen, Engagement und Wankelmut.
Außerdem neui in den Ruhr-Kinos: Sven Halfars Chor-Besuch „Heaven Can Wait - Wir leben jetzt“, Kim Münsters und Sebastian Bergfelds Doku „Spielen oder nicht spielen“, Michele Placidos Historienfilm „Der Schatten von Caravaggio“, Chie Hayakawas bittere Rentner-Dystopie „Plan 75“ und Carolina Hellsgårds Neuverfilmung von „Das fliegende Klassenzimmer“.
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