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Stage Beauty
GB/D/USA 2004, Laufzeit: 110 Min., FSK 12
Regie: Richard Eyre
Darsteller: Billy Crudup, Claire Danes, Rupert Everett, Tom Wilkinson, Ben Chaplin, Hugh Bonneville, Richard Griffiths, Edward Fox, Zoe Tapper, Tom Hollander, Clare Higgins, Fenella Woolgar, Alice Eve, Mark Letheren, Derek Hutchinson, Stephen Marcus

Ned Kynaston ist der angesehenste Frauen-Darsteller auf Londons Bühnen. Als seine theaterbegeisterte Garderobiere entgegen der geltenden Gesetze als echte Frau im Theater auftritt, stürzt sie mit ihrem Vorstoß die Bühnenwelt ins Chaos und macht Männer wie Kynaston arbeitslos. Amüsantes Geschlechterspiel Wenn heutzutage Männer in Frauenkostüme schlüpfen und auf einer Bühne damit das Publikum zu ekstatischen Beifallsbekundungen hinreißen, assoziieren wir in erster Linie Travestiedarbietungen in Kabaretts oder Clubs. Dass es jedoch im 17. Jahrhundert noch Gang und Gäbe war, die weiblichen Rollen in Theaterstücken von Männern darstellen zu lassen, haben die meisten von uns längst aus den Augen verloren. Unter der puritanischen Regentschaft Oliver Cromwells war es noch undenkbar, dass sich Frauen - auch auf den renommiertesten Theaterbühnen des Landes - derart zur Schau stellten. Jeffrey Hatcher hat die Zeitspanne, in der dieses ominöse Gesetz vom britischen König Charles II. aufgehoben wurde, in seinem Bühnenstück "Compleat Female Stage Beauty" anhand tatsächlicher Begebenheiten und Menschen verarbeitet. Auch für die Filmversion von Richard Eyre hat Hatcher die Dramatisierung übernommen. Eine(n) schön finden Dass man über das England in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts mit derart detailreichen Schilderungen des Theater- und Alltagslebens aufwarten kann, ist nicht zuletzt den Tagebüchern von Samuel Pepys zu verdanken. Der Staatssekretär im britischen Marineamt führte in den 60er Jahren des 17. Jahrhunderts akribisch ein geheimes Tagebuch, das schließlich auf weit über 3000 Seiten angewachsen war und auch sämtliche private Verrichtungen Pepys' schilderte. Diese Tagebücher vererbte er der Bibliothek der Cambridge University, die erst 150 Jahre danach aus den in Kurzschrift verfassten Eintragungen ihren Nutzen zu ziehen vermochte. Neben den politischen Umwälzungen nach dem Tod Cromwells, die zur Wiederherstellung der Monarchie führten, gewähren die Bücher auch illustre Einblicke in die Theatergeschichte jener Zeit. So notiert Pepys beispielsweise am 3. Januar 1661: "Am Abend aßen wir eine gebratene Schweinshaxe und gingen danach ins Theater, wo "Beggars' Bush" gespielt wurde, das mir sehr gut gefallen hat; hier habe ich zum allerersten Mal Frauen auf der Bühne gesehen". Hugh Bonneville verleiht dem weltmännischen Bürger in "Stage Beauty" eindrucksvoll Gestalt. Auch wenn Pepys keinesfalls homosexuell war, stellte Edward Kynaston für ihn die "hübscheste Frau" auf Londons Bühnen dar. Vor diesem Hintergrund wird verständlich, wie umwälzend die Veränderungen ausfielen, die durch das Eingreifen Charles II. in Gang gesetzt wurden. Durch den Gesetzerlass, der es auch Frauen ermöglichte, den Beruf der Schauspielerin zu ergreifen, wurde zahlreichen Darstellern, die sich auf die Verkörperung von weiblichen Rollen spezialisiert hatten und dadurch zu ganz besonderen Bühnenstars emporgestiegen waren, die Arbeitsgrundlage entzogen. Der ideale Stoff also für ein historisch fundiertes Drama. Eine andere sein wollen Diese äußerst dankbare und vielschichtige Thematik nutzt Richard Eyre ("Iris") in seiner edlen und überaus geschmackssicheren Inszenierung zu einem gewitzten Spiel über Geschlechtsidentitäten, berufliche und private Leidenschaften und den Komplex der Wahrheit und Lüge. Wie bereits in István Szabós "Being Julia" erfährt man dadurch eine Menge über das Theatergeschehen einer vergangenen Epoche und über die komplizierte Psyche der Menschen, die professionell jemand anderes sein sollen/wollen als sie selbst. Trotz seiner detailfreudigen Rekonstruktion des Lebens im späten 17. Jahrhundert ist Eyres Inszenierung in keinem Moment altbacken oder antiquiert. Mit einer einnehmenden Rasanz, die von George Fentons mitreißendem Score wirkungsvoll untermauert wird, treibt er das dramatische Geschehen gleich auf mehrere Höhepunkte zu. Sowohl die privaten Emotionen als auch die beruflichen Herausforderungen können sich so in äußerst spannungsgeladenen Szenen Bahn brechen. Ein exquisit gespielter, gekonnt umgesetzter Ausstattungsfilm, der tiefgründige Unterhaltung garantiert.

(Frank Brenner)

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