Die junge Schlagzeugerin Clara de Groote gehört aktuell zu den Shootingstars ihres Instruments und spricht im Interview über Herausforderungen und Adrenalin pur.
trailer: Clara de Groote, ich habe gelesen, dass Sie zuerst Violine gespielt haben. Wie sind Sie denn zum Schlagzeug gekommen?
Clara de Groote: Meine Mutter hat bei uns zu Hause Geige unterrichtet und mein Vater war früher als Schüler Schlagzeuger in einer Band. Somit hatte ich diese beiden Instrumente schon früh um mich. Tatsächlich habe ich dann mit beiden Instrumenten parallel angefangen, wobei ich sehr schnell die Lust an der Violine verloren habe. Mit elf Jahren habe ich dann an der Musikschule angefangen, richtig Drumset zu lernen. Und dann ging alles eigentlich sehr schnell: Zwei Jahre später spielte ich spontan für das Landesjugendorchester Hessen vor, was aber zunächst nicht geklappt hat. Dafür landete ich auf diesem Wege durch Rainer Römer bei meinem späteren Lehrer in Frankfurt. Und seit ich 15 Jahre alt war, war ich Jungstudentin in Berlin, wo ich bis heute studiere.
Das klingt für mich so, als hätten Sie ein ziemliches Tempo hingelegt, nachdem Sie sich dann einmal für das Schlagzeug entschieden hatten…
Ich habe das große Glück, dass mir das Lernen leicht fällt und dass ich einen Lehrer hatte, der mich auch immer sehr gefordert hat. Für mich war es gerade immer auch ein Ansporn, wenn ich etwas zunächst nicht konnte und ich habe immer so lange weiterprobiert, bis es irgendwann funktioniert hat. Das war natürlich immer ein guter Antrieb.
Was fasziniert Sie am Schlagzeug?
Das Schöne ist für mich die Abwechslung – aber manchmal verfluche ich auch genau das (lacht). Man hat so unheimlich viel zu üben, weil man im Prinzip jeden Tag die verschiedenen Instrumente wie kleine Trommel, Becken, Marimba etc. üben muss. Das erfordert sehr viel Organisationstalent. Mir hat es schon immer gefallen, mehrere Dinge gleichzeitig zu machen, insofern passt das Schlagzeug sehr gut zu mir.
Fehlt beim Schlagzeug nicht manchmal auch das melodische Element? Also wenn man von Marimba und Vibraphon mal absieht.
Ja, natürlich, die Melodie fehlt mir schon manchmal, gerade beim Orchesterrepertoire. Aber momentan spiele ich ja sowohl in Osnabrück im Orchester als auch solistisch und als Kammermusikerin. Im Solorepertoire und in der Kammermusik sieht es dann mit den Melodien schon wieder ganz anders aus. Aber natürlich ist es wirklich etwas, was einem im Orchesteralltag fehlen kann. Ich denke mir immer, dass die Schlagzeuger im Orchester dafür da sind, ein wenig Glitzer über die Musik zu streuen, wir also das Ganze abrunden und den Werken den letzten Schliff verpassen. Aber die schönen Melodien und Ohrwürmer, die liegen eben meist in den anderen Stimmgruppen.
Ist es so gesehen und auch angesichts der zahlreichen Pausen, die man als Schlagzeuger auch oft hat, nicht vielleicht sogar auch etwas langweilig, Schlagzeug im Orchester zu spielen?
Man hat natürlich viele Pausen – das stimmt schon. Wie viele andere Schlagzeuger habe ich mir inzwischen angewöhnt, während der Pausen manchmal auch einfach die Partitur zu studieren. Es kommt nicht von ungefähr, dass viele Schlagzeuger irgendwann umschwenken und noch ein Dirigierstudium machen. Für mich ist das aber aktuell keine Option. Ich habe für mich entschieden, im Orchester bleiben zu wollen, wo ich immer wieder bestätigende Erlebnisse habe. So beispielsweise bei Schostakowitschs Sinfonie Nr. 8 in der vergangenen Woche in Osnabrück. Und wenn man dann hinter den Blechbläsern sitzt und es zwischendurch so richtig laut wird, bevor ich dann dran bin, dann ist das Adrenalin pur für mich.
Von außen betrachtet sieht man nicht so viele Frauen als Schlagzeugerinnen im Orchester. Ist das immer noch eine Männerdomäne und welche Gründe gibt es dafür?
Tatsächlich fällt mir spontan auch kein einziges großes Orchester ein, indem eine Frau die Schlagzeugerin ist. Und auch manche Orchestermitglieder in Osnabrück waren zunächst überrascht, als ich dort anfing. Natürlich ist es kräftemäßig schon mal anstrengend, aber ich habe mir inzwischen angewöhnt, Sport zum Ausgleich zu machen. Logistisch ist es natürlich auch nicht immer ganz einfach, aber auch das hat mir immer gefallen. So war meine Zeit beim Bundesjugendorchester immer ein besonderer Lifestyle: Wir Schlagzeuger waren immer Stunden vor den anderen am Konzertort und waren immer die Letzten, die alles noch bis in die Nacht wieder abgebaut und eingepackt haben. Das hat für mich heute immer noch etwas von einem Tourneefeeling.
Am 12. Mai spielen Sie bei einem Konzert der Mozartgesellschaft im Orchesterzentrum NRW. Können Sie uns ein wenig zum Programm erzählen?
Das Programm wird sehr vielseitig und eine wilde Durchmischung. Es passt damit wunderbar zum Jahr 2022, das nämlich das Jahr des Schlagzeugs ist. Als Soloinstrument ist das Schlagzeug noch recht neu, weshalb auch keines der Werke älter als circa 60 Jahre ist. Auch von den Stimmungen her wird die ganze Bandbreite des Schlagzeugs gezeigt, so dass für jeden etwas dabei ist, beispielsweise in den Tangos von Piazzolla oder auch in dem sehr ruhigen Choral von Alexei Gerassimez. Natürlich ist die Musik recht modern, aber es ist nichts dabei, was man sich nicht wirklich gut anhören könnte – schließlich will ich auch, dass das Publikum die Musik gerne anhört! Es wird eine wirklich schöne Mischung, die die ganze Vielseitigkeit des Schlagzeugs vorstellt.
Soirée-Konzert | 12.5. 18.30 Uhr | Kammermusiksaal Orchesterzentrum NRW | 0231 427 43 35
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