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Filmstill aus „Factory of the Sun“, 2015 von Hito Steyerl
Foto: mit freundlicher Genehmigung von Hito Steyerl und der Andrew Kreps Gallery, New York, Image CC 4.0 Hito Steyerl

Widerstand ist zwecklos

30. Juni 2016

Hito Steyerls „Factory of the Sun“ im Dortmunder U – Ruhrkunst 07/16

Mitten im Holodeck der Enterprise 7 kann der Besucher Platz nehmen – auf Liegestühlen. Fast ganz oben im Dortmunder U zeigt der Hartware MedienKunstVerein (HMKV) als erste Station in Deutschland nach der Venedig-Biennale 2015 Hito Steyerls Videoinstallation im Rahmen des Deutschen Beitrags. In „Factory of the Sun“ (Ein-Kanal HD Video, Umgebung, 23 Min., 2015) suchen ihre Protagonisten auf aberwitzige Weise real und virtuell nicht nur die „weapons of mass art productions“, sondern wohl auch die letzten Löcher im Netzwerk multinationaler Konzerne und der Planeten-umspannende Polit-Spinnennetze.

Nein, kein Holodeck (schade), dafür aber ein angedeuteter „Cave cube“ für eventuelle virtuelle Rundumsicht ist der Raum, in dem das Video als eine Art Videospiel auf Leinwand generiert wird. Die „Factory of the Sun“ versucht dabei den Einfluss zu maximieren, der Zuschauer hofft eher auf Fehler im System. Doch die gibt es nicht, selbst wenn der Computer am Ende verloren haben könnte: „You won“ – „Tron“ lässt grüßen. Die im Dunklen sieht man nicht, aber Licht kann Informationen senden, körperlos, unerkannt. Unsere Realität ist längst Geschichte. Die kunstfertige Mahnung kommt längst zu spät, die Kraken der digitalen Welt haben uns fest im Griff und sie werden nie wieder loslassen. Sehr schön ist im Video die Metamorphose eines Tänzers im Motion-Capture Studio in eine identisch tanzende Animefigur. Wir reisen real auf den Teufelsberg in Berlin mit seiner verfallenden US-Horch- und Radarstation, wir lernen weltweit KämpferInnen gegen die Systeme kennen und die Werbestrategie der Deutschen Bank. Alles eingebunden in die von der Künstlerin gesteuerte 23-Minuten-Spielsituation – mit virtueller Drohnenüberwachung. Das ist nett, von mir aus auch aufwändig, aber um Himmels willen, what for?

Auf die Welt der Bilder haben wir längst keinen Einfluss mehr, auf ihren Wahrheitsgehalt hatten wir ihn nie, selbst jede mögliche Dystopie liegt längst hinter uns. Was zählt, wäre der Versuch, das System zu zerstören (HMKV Ebene 3), diese schicken Dauer-Analysen hängen längst zum Hals raus. Dass sie für gehobene System-Spieler immer noch nützlich sind, kann man daran sehen, dass die Sonnenfabrik längst den heiligen Deutschen Pavillon in Venedig erreicht hat. 

„Hito Steyerl: Factory of the Sun“ | bis 28.8. | HMKV, Dortmunder U | 0231 496 64 20

PETER ORTMANN

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