Die Bauarbeiten hängen um ein Semester. Eigentlich sollte das neue Hörsaalzentrum an der Lotharstraße in Duisburg die Raumsituation merklich entspannen helfen. Ray Hebestreit, der den Bachelorstudiengang Politikwissenschaft an der Universität Duisburg-Essen (UDE) koordiniert, weiß zu berichten: „Bei uns laufen die Planungen für den doppelten Abiturjahrgang bereits seit zwei Jahren.“ Denn die Situation ist so neu nicht: Allein in den vergangenen zehn Jahren erhöhte sich Studierendenzahl bundesweit um etwa ein Viertel auf 2,5 Millionen. Nun steht der Campus an der Lotharstraße vor einer neuen Herausforderung, denn in NRW werden in diesem Jahr an den Gymnasien gleich zwei Jahrgänge mit der Hochschulreife verabschiedet. Und so liegen die Bewerberzahlen an der UDE um fast 50 Prozent über dem Vorjahreswert. Für die Fakultät für Gesellschaftswissenschaften am Campus Duisburg ändert sich dennoch zunächst nicht allzu viel. „Seit dem letzten Wintersemester sind wir mit den Aufnahmezahlen in unseren Bachelorstudiengängen nach oben gegangen“, beschreibt Hebestreit die Reaktion der Fakultät. Standen für die Politikwissenschaft bis dahin ca. 220 Plätze zur Verfügung, so sind es seit 2012 etwa 300. „Hinzu kommt, dass die Räume quantitativ wie qualitativ aufgestockt wurden.“ Die dafür nötigen Gelder stammen mehrheitlich aus dem Hochschulpakt 2020. In diesem verpflichteten sich die Regierungen von Bund und Ländern bereits vor sechs Jahren zu einer besseren Ausstattung der Universitäten. 2007 wurden an der UDE so über 1.300 neue Studienplätze geschaffen, 2009 kamen nochmals ca. 3.300 Plätze hinzu. Außerdem wurde eine Planstelle zur uniweiten Koordinierung des Mehrbedarfs eingerichtet. Politik und Universität hatten also frühzeitig versucht, auf die Konsequenzen eines verkürzten Weges zum Abitur zu reagieren.
Man hätte das neue Gebäude gebraucht
Allen Problemen werden die beschlossenen Maßnahmen dem Anschein nach dennoch nicht gerecht. „Zurzeit fahren wir auf Sicht. Alle Studierenden aus den oberen Semestern, die noch Veranstaltungen nachholen müssen, sind dabei allerdings nicht mitgerechnet“, erklärt Hebestreit. Man hätte das neue „Rotationsgebäude“, welches für eine flexible Nutzung ausgelegt ist, also gut gebrauchen können. Da dieses nun aber erst zum Sommersemester bezogen werden kann, werden auch im kommenden Wintersemester Vorlesungen im Kino am Hauptbahnhof Duisburg abgehalten werden. Dort sind dann Blockbuster wie „Methoden der empirischen Sozialforschung“ und „Grundlagen der Politikwissenschaft“ zu sehen. Wie sich die gestiegene Studierendenzahl auf die weitere Infrastruktur am Campus Duisburg auswirken wird, ist noch nicht in Gänze abzusehen. In der Hauptmensa und an den Arbeitsplätzen der Unibibliothek könnte es dann zu Stoßzeiten eng werden. Eine weitere Konsequenz ist die zunehmende Zulassungsbeschränkung der Studiengänge. Gerade für die Gesellschaftswissenschaften braucht man inzwischen ein gutes Abitur, um das Filmhighlight des Jahres nicht zu verpassen.
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