Was dem Rheinländer sein Karneval, das ist dem Westfalen der Aschermittwoch! Aschermittwoch, ein wunderbarer Tag, ein Tag voller Anmut und Freiheit! Endlich Schluss mit dem Zwang, lustig, bunt und verrückt zu sein. Endlich wieder entspannter Freiraum für des Westfalen heimliches Steckenpferd: den getarnten Humor und: Bier trinken ohne Zwang und Grund! Wir Westfalen sind selbstverständlich echte Feierbiester, voller Fröhlichkeit und Anarchismus. Aber wehe, wir bekommen einen Stellungsbefehl zum Frohsinn. Da gefriert uns der Spaß in den Adern. Wir sind viel zu freiheitsverliebt, um uns Stimmungen befehlen zu lassen. Was ist ein wesentliches Merkmal einer jeden Karnevalssitzung? Das ist der Tusch! Tätätätä – rumms! Ein musikalisches Ausrufezeichen, damit auch der Döfste kapiert: Achtung, hier handelte es sich um einen gelungenen Scherz! Was aber ist das wesentliche Merkmal westfälischen Humors. Das ist das Understatement. Ein Westfale, vor allem der typische Ruhri, der lässt einen totalen Kracher raus und guckt dabei völlig unberührt und treudoof aus der Wäsche. Wenn der Gag zündet, tut er gelangweilt und gräbt in seinen westfälischen Untiefen schon längst nach der nächsten Pointe. Ein Tusch ist da eine Backpfeife für jeden echten Westfalen! Genauso, wie man einem echten Ruhrgebietsömmes niemals ansehen darf, dass er sich schick gemacht hat. Er macht sich schick, klar. Aber so ganz und gar und völlig nebenbei! Darum ist ein Karnevalskostüm für uns Ruhrgebietler die nächste bittere Attacke. Mit einem Karnevalskostüm oute ich mich schon per Kleidung … ein Hilfeschrei an unsere Mitmenschen: Ich WILL mich amüsieren und wäre heimlich im Leben gern Ölscheich, Clown oder Prinzessin. Wie entwürdigend! So viele peinliche Details aus unserer Bedürfniskiste wollen wir doch nicht preisgeben.
„Wat tut getz mehr weh, Karneval oder FC Köln?“
So kann es denn passieren, dass wir einen Ruhrgebietsmacker dann doch mal auf einer dieser oberpeinlichen Karnevalsveranstaltungen ertappen, zu der er, sagen wir mal, von seiner Partnerin mit rheinischen Wurzeln verdonnert wurde. Er steht so cool wie möglich am Tresen und klammert sich an sein Pils. Wird von einem ebenfalls zwangsabgestellten Ruhri ertappt. Beide grinsen sich peinlich berührt zu, und der eine sagt zum anderen: „So, und du bist getz heute also mal ‘n Kauboy!“ worauf der andere vielleicht antwortet: „Jau!“ Der eine: „Cool!“, der andere: „Jau!“ Pause. Nach etwa zehn Minuten: „Und du bist getz heute also mal ‘n FC Köln-Fan!“ „Jau!“ „Und … wat tut getz mehr weh, Karneval oder FC Köln?“ „Beides gleich schlimm, abba solange ich meinen Schmerz nich mit Kölsch betäuben muss … Prost!“ Pause. „Wennse den Schmerz nich mehr aushälls, sach Bescheid! Ich als Kauboy hab ja ‘ne Knarre, da kann ich dich wenigstens erschießen!“ … Und jetzt stellen Sie sich an der Stelle mal einen Tusch vor, dann verstehen Sie, dass Karneval und Ruhrgebiet nicht geht.
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Ist das Revier narrensicher?
Karnevalistisches Treiben gehört hier nicht zu den Grundtugenden – THEMA 02/12 KARNEVAL
„Der Westfale hingegen muss zum Lachen überredet werden“
Günther Rückert über Karneval und seine Alternativen im Pott – Thema 02/12 Karneval
„Unsere Politiker sind dünnhäutig geworden“
Peter Sander über den Karneval in Essen und anderswo – Thema 02/12 Karneval
Schunkeln oder Tod
Tolle Tage in Duisburg, der rheinischsten Stadt des Ruhrgebiets – Thema 02/12 Karneval
Hört das Signal
Intro – Gesund und munter
Heimat statt Pflegeheim
Teil 1: Leitartikel – Seniorengerechtes Bauen und Wohnen bleibt ein Problem
„Wo Regelmäßigkeit anfängt, sollte Nachbarschaftshilfe aufhören“
Teil 1: Interview – Architektin Ulrike Scherzer über Wohnen im Alter
Gemeinsam statt einsam
Teil 1: Lokale Initiativen – Wohnen für Senior:innen bei der Baugenossenschaft Bochum
„Der Arzt muss dieses Vertrauen würdigen“
Teil 2: Interview – Kommunikationswissenschaftlerin Annegret Hannawa über die Beziehung zwischen Arzt und Patient
So ein Pech
Teil 2: Leitartikel – Opfer von Behandlungsfehlern werden alleine gelassen
Gesundheit ist Patientensache
Teil 2: Lokale Initiativen – Die Patientenbeteiligung NRW in Köln
Privatvergnügen
Teil 3: Leitartikel – Die Zweiklassenmedizin diskriminiert die Mehrheit der Gesellschaft
„Das Gesundheitssystem wird unter Druck geraten“
Teil 3: Interview – Arzt Bernhard Winter über den Vorwurf einer Zweiklassenmedizin
Verbunden für die Gesundheit
Teil 3: Lokale Initiativen – Wuppertals Selbsthilfe-Kontaktstelle unterstützt Bürgerengagement
Senioren und Studenten müssen warten
Das Wohnprojekt Humanitas Deventer verbindet Generationen – Europa-Vorbild: Niederlande
Wenn der Shareholder das Skalpell schwingt
… und der Patient zur Cashcow wird – Glosse
Einig im Treten
Intro – Arbeitskämpfe
Peitsche namens KI
Teil 1: Leitartikel – Beschäftigte werden mit neuester Technologie massenhaft überwacht.
„KI streikt nicht“
Teil 1: Interview – Informatiker und Philosoph Jürgen Geuter über künstliche Intelligenz in der Arbeitswelt
Gegen digitalen Kolonialismus
Teil 1: Lokale Initiativen – Der Chaospott Essen klärt über Technik und Datenschutz auf
Bloß der Wille fehlt
Teil 2: Leitartikel – Die Politik zulasten der Ärmsten gefährdet den sozialen Frieden
„Politik für das Gemeinwohl, nicht für Unternehmen“
Teil 2: Interview – Armutsforscher Christoph Butterwegge über die Umverteilung von Reichtum
Jetzt erst recht
Teil 2: Lokale Initiativen – Parents for Future in Köln
Armut wählen
Teil 3: Leitartikel – Zur politischen Kultur Deutschlands
„Egal wer die Brandmauer zerstört, wir werden ihn kritisieren“
Teil 3: Interview – Omas gegen Rechts: Jutta Shaikh über die Verteidigung der Demokratie