Donnerstag, 29. November: Die vom LaDOC Filmnetzwerk zusammen mit der Kunsthochschule für Medien Köln durchgeführte LaDOC-Konferenz steht in diesem Jahr unter dem Motto „Machtstrukturen!“. Anhand von Filmscreenings mit anschließenden Gesprächen mit den FilmemacherInnen als auch in Lectures an der KHM wird auf der Konferenz über die Verteilung von Machtpositionen in der aktuellen Film- und Fernsehbranche diskutiert. Den Auftakt machte am Donnerstagnachmittag ein Workshop der Journalistin und Bloggerin Sophie Charlotte Rieger, die unter dem Titel „Die Filmlöwin“ ein feministisches Filmmagazin publiziert. Die Gruppe der InteressentInnen setzte sich aus FilmstudentInnen, ProfessorInnen und VertreterInnen aus der Filmbranche zusammen, die als FilmemacherInnen, DrehbuchautorInnen oder BildgestalterInnen arbeiten. Der Workshop unter dem Titel „Gender Diversität in Film und Fernsehen: Neue Geschichten statt alter Muster“ sollte die TeilnehmerInnen zunächst auf anerzogene Geschlechterstereotypen hinweisen, Beispiele aus der aktuellen Medienlandschaft aufzeigen und zu einer Sensibilisierung hinsichtlich der Problematik führen, damit in künftigen eigenen Arbeiten das Verständnis für die Thematik geschärft ist.
Zu Beginn des Workshops lieferte Rieger einige Statistiken, die den Status Quo aufzeigten und die wenigsten TeilnehmerInnen erstaunten. Auch im Jahr 2017 lag, trotz der zuvor geführten Diskussionen um „Pro Quote Film“, der Anteil der deutschen Kinofilme, die von Frauen inszeniert wurden, bei bescheidenen 22%. Da der Anteil der Absolventinnen an Filmhochschulen mit 44% doppelt so hoch liegt, deuten diese Zahlen auf einen Mangel an Diversität hinter der Kamera, der diskriminierende Strukturen in der Branche bestätigt. Weibliche Filmemacherinnen inszenieren in Relation zu ihren männlichen Kollegen deutlich häufiger weibliche Protagonistinnen, weswegen tragende weibliche Figuren in der Film- und Fernsehbranche gleichermaßen unterrepräsentiert sind. In einem Assoziationsspiel ließ Sophie Charlotte Rieger die TeilnehmerInnen typische Begriffe nennen, die diese mit Männern oder Frauen verbinden. Damit wollte sie auf „unconscious bias“ (unbewusste Voreingenommenheit) aufmerksam machen, Kategorien, die wir alle im Kopf haben und die uns der schnelleren Einordnung von Personen dienen, aber häufig auch negativ besetzt sind. Denn: „Wir alle sind SexistInnen, weil wir in einem System mit sexistischen Vorurteilen aufgewachsen und erzogen worden sind“, so die Referentin. Mit ihrem Seminar wolle Rieger zunächst auf diese unbewussten Kategorisierungen aufmerksam machen, uns dazu bringen, diese anzuerkennen und im langfristigen Verlauf dazu beitragen, dass wir diese überwinden können. In etlichen Film- und Fernsehausschnitten wurde anschaulich vor Augen geführt, inwieweit die Medien, neben der Gesellschaft und den Erziehungsberechtigten, dafür verantwortlich sind, dass bestimmte Stereotypen von Geschlechtern in unseren Köpfen festgeschrieben sind. Als herausragendes Negativbeispiel zeigte Rieger einen Ausschnitt aus den letzten Szenen von Disneys „Das Dschungelbuch“, in denen nicht nur bestehende Geschlechterklischees zementiert werden, sondern auch ein höchstens sechsjähriges Mädchen stark sexualisiert dargestellt wird.
Im weiteren Verlauf analysierte die Journalistin die Gewichtung von männlichen und weiblichen Protagonisten genauer. Dabei zeigte sich, dass selbst im Kinderfernsehen überwiegend männliche Rollenmodelle vorkommen, auch bei Fantasiefiguren („Sesamstraße“) sind diese in den seltensten Fällen weiblich. Da Mädchen in den Medien nicht entsprechend porträtiert würden, hätten sie auch deutlich geringere Entfaltungsmöglichkeiten als ihre männlichen Altersgenossen, ergänzte Rieger. Diese Tendenzen zeigen sich in ähnlicher Form auch in Medieninhalten für Erwachsene, da in zahlreichen westlichen Mainstreamfilmen der Anteil der Dialogzeilen von Frauen stark hinter dem von Männern zurückbleibt und Frauen häufig durch den „male gaze“ inszeniert werden, den männlichen Blick, der in ihnen lediglich Sexualobjekte sieht. In ihrem rund vierstündigen Workshop fand Sophie Charlotte Rieger auch noch Zeit, Spezialfälle vorzustellen. Unter „niedlicher Misogynie“ beispielsweise versteht man das sexistische, frauenfeindliche Verhalten von Filmfiguren (hier am Beispiel von Charakteren aus „The Big Bang Theory“ visualisiert), das durch deren allgemein als niedlich klassifiziertem Auftreten gerechtfertigt wird und der Unterhaltung dient. Zum Abschluss ließ die Referentin die TeilnehmerInnen noch selbst einen Test für sich entwickeln, mit dem diese sicherstellen können, bei ihren künftigen Arbeiten auf unbewusste Kategorisierungen zu verzichten.
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