Unter dem Titel „Kultur ist der Schlüssel“ findet Ende Juni im PACT Zollverein in Essen ein zweitägiger Kongress statt. Eine Tagung des Forum d’Avignon Ruhr, einer deutsch-französischen Kooperation zwischen dem Forum d’Avignon und dem European Center For Creative Economy (ecce). Beide Institutionen wurden zur Förderung der Kreativwirtschaft gegründet. ecce sitzt in Dortmund und hat es sich zum Ziel gemacht, die knapp 10.000 Betriebe kreativ-kultureller Branchen der Region nach vorne zu bringen. Dabei richtet sich der Blick über die Landesgrenzen hinaus, schlummern Potenziale doch selbst in den abgelegensten Winkeln Europas. Man versteht sich als „Schnittstelle von Wirtschaft, Stadtentwicklung und Kultur“, um „den Wandel zum Kreativ- und Zukunftsstandort Ruhr voranzutreiben und diesen überregional wie europaweit sichtbar zu machen“. Das Thema des Kongresses sind die Spillover-Effekte, auch Übertragungseffekte genannt. Die Kernfrage, auf die man mittels Reden, Diskussionen und Workshops Antworten suchen will, lautet: Was für Wirkungen kann Kultur- und Kreativwirtschaft auf die Bereiche Wirtschaft und Arbeit, Stadtentwicklung, Energiewende und Interkultur haben?
Wo liegen die Potenziale der Kultur für die Bewältigung der Europäischen Krise?
Mit Verlaub, das klingt nach theoretischer Luftschlossbauerei. Um diesen Vorwurf schon im Vorfeld zu entkräften, hat man dem Kongress eine Studie zu Grunde gelegt. Vierzig Projekte der Kreativwirtschaft im Ruhrgebiet wurden hinsichtlich ihrer Übertragungseffekte auf die vier genannten Bereiche, die exemplarisch zu verstehen sind, untersucht. Mit den Ergebnissen will man sich auf dem Kongress intensiv beschäftigen. Auch die Workshops, in denen mögliche Übertragungseffekte von Projekten durch europäische Vernetzungen aufgezeigt werden sollen, bemühen sich darum, das arg abstrakte Thema konkreter und griffiger zu machen. So sperrig das Thema klingt, so sperrig sind Kongresse an sich, bemühen sie sich doch um die Vermittlung fachspezifischer, mitunter erklärungsbedürftiger Sachverhalte und Phänomene. Man hofft auf mehr Transparenz durch viel Kommunikation und nachhaltige Synergieeffekte durch Kooperationen. Klingt schon wieder sehr theoretisch. Aber immerhin betreut die Gesellschaft die Entstehung von kreativen Quartieren an neun Standorten von Dinslaken über Bochum bis Dortmund. Das bedeutet vom Land geförderte Mietflächen, auf denen sich Kompetenzen jeglicher kreativ-kultureller Färbung tummeln. Doch bleibt die Frage, inwiefern es der Tagung mit ihrem großen, europäischen Leitmotiv gelingen kann, den Schaffenden im Ruhrgebiet auf Augenhöhe zu begegnen. Denn mit Fragen wie „Wo liegen die Potenziale der Kultur für die Bewältigung der Europäischen Krise?“ oder „Welche Rahmenbedingungen kann Europa schaffen, und was kann eine Veranstaltung wie das Forum d’Avignon Ruhr zum nachhaltigen Nutzen beitragen?“ schwebt man doch wieder ein wenig davon. Europa zu gestalten ist manchmal schwieriger als gedacht.
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