Immer wieder werde ich nach meinen Auftritten gefragt: „Wie kann man sich nur so viel Text merken?“ Indem man sonst nix im Kopf hat, antworte ich dann gerne. Und so ganz verkehrt ist das nicht! Die vielen, vielen Sätze, die so in meinem Kopf wohnen, die brauchen Platz. Und mit zunehmendem Alter wird es ja enger in der körpereigenen Dachgeschosswohnung. Weil sich da auch über die Jahre Gerümpel angesammelt hat. Wörter, Lieder, Erinnerungen, die man eigentlich lieber schon längst entrümpelt hätte. Die aber hartnäckig da oben hocken bleiben und Platz wegnehmen. Ich habe zum Beispiel das große Pech, dass Schlagertexte in mir kleben bleiben. Ich mag aber keine Schlager. Und schon gar nicht als Dauerschleife in meinem Kopf. Oder glauben Sie, das macht Spaß, wenn einem jemand während eines Gesprächs in einem völlig anderen Zusammenhang sagt: „Manchmal, möchte ich schon ...“ Den Rest höre ich dann nicht mehr. Also etwa: „… vor Wut an die Decke gehen.“ Oder „… den ganzen Krempel hinschmeißen.“ Na ja, irgendetwas in der Art halt. Aber bei mir springt sofort was an bei dem Satzfetzen. Da kommt mir der blöde Roland Kaiser – entschuldigen Sie bitte, Herr Kaiser, das war jetzt nicht persönlich gemeint – um die Ecke, und ich denke den Satz zu Ende mit dem Refrainzitat: „... mit dir diesen unerlaubten Weg zu Ende gehen.“ Uaaaaaahhhhh! Das will ich gar nicht! Aber es passiert.
Neue Wörter, die einem plötzlich an jeder Ecke begegnen
Manchmal stelle ich mir vor, wie klug ich vielleicht wäre, wenn diese ganzen Texte nicht in meiner Dachgeschosswohnung wohnen würden und deshalb ein Gedanke richtig Platz hätte, mal nach rechts, mal nach links zu gehen, sich hinzusetzen, wieder aufzustehen, sich zu drehen. Tja, was nützt es, darüber nachzudenken, wenn auch dafür nicht genug Platz ist in meinem Schädel. Lieber sollte ich ein kleines Plätzchen freihalten für ganz neue, tolle Wörter, die man sich gar nicht so leicht merken kann. Neue Wörter, die einem plötzlich an jeder Ecke begegnen. Wörter wie Nachhaltigkeit, Burnoutprophylaxe und Crowdfunding. Gut, die sind jetzt vielleicht nicht so neu. Aber für mich schon mit meiner vollgestopften ... äh, Dings da. Sie wissen schon. Ich will ja nicht so dämlich aus der Wäsche gucken, wenn einer zu mir sagt, dass er mehr so'n Crossovertalent ist und deshalb gern irgendwas mit Medien machen würde. Dann würde ich gerne verständnisvoll gucken und sagen: „Klar du, da gibt's ja heutzutage viele Möglichkeiten zum Beispiel in der Kreativwirtschaft ...“ Dafür müsste ich allerdings genau wissen, was Kreativwirtschaft eigentlich ist. Und selbst wenn es mir jemand erklären würde, müsste ich's mir merken können. Und dann müsste dieses schicke, neue Wort ja Platz finden in meinem vollgestellten Dachstübchen. Hach, ist das alles kompliziert. Wissen Sie, manchmal, da möchte ich schon ... mit dir, eine Nacht das Wort Begehren buchstabieren ... äh, oder so. Was macht eigentlich Roland Kaiser heutzutage, wenn er nicht singt? Irgendwas mit Medien?
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen?
Als unabhängiges und kostenloses Medium ohne paywall brauchen wir die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser. Wenn Sie unseren verantwortlichen Journalismus finanziell (einmalig oder monatlich) unterstützen möchten, klicken Sie bitte hier.
„Man sollte den Ball eher flach halten“
Ralf Ebert über die Perspektive der Kultur- und Kreativwirtschaft – Thema 06/13 Kreative Masse
„Die Kreativwirtschaft ist der i-Punkt“
Dieter Gorny über den wirtschaftlichen Wert von Kultur – Thema 06/13 Kreative Masse
Von kreativen Kreaturen
Die Kultur- und Kreativwirtschaft als Jobmotor wie Millionengrab – THEMA 06/13 KREATIVE MASSE
Kultur soll der Schlüssel sein
Ein erklärungsbedürftiger Kongress der Kulturwirtschaft in Essen – Thema 06/13 Kreative Masse
Vorwärts 2026
Intro – Kopf oder Bauch?
Mieter aller Länder, vereinigt euch!
Teil 1: Leitartikel – Der Kampf für bezahlbares Wohnen eint unterschiedlichste Milieus
„Glaubwürdigkeit ist ein entscheidender Faktor“
Teil 1: Interview – Sprachwissenschaftler Thomas Niehr über Sprache in Politik und Populismus
Im Krieg der Memes
Teil 1: Lokale Initiativen – Saegge klärt in Bochum über Populismus auf
Worüber sich (nicht) streiten lässt
Teil 2: Leitartikel – Wissenschaft in Zeiten alternativer Fakten
„Dass wir schon so viel wissen, ist das eigentliche Wunder“
Teil 2: Interview – Neurowissenschaftlerin Maria Waltmann über Erforschung und Therapie des Gehirns
Über Grenzen hinweg entscheiden
Teil 2: Lokale Initiativen – Das Experimentallabor Decision Lab Cologne
Noch einmal schlafen
Teil 3: Leitartikel – Ab wann ist man Entscheider:in?
„Zwischen Perfektionismus und Ungewissheit“
Teil 3: Interview – Psychiater Volker Busch über den Umgang mit schwierigen Entscheidungen
Weil es oft anders kommt
Teil 3: Lokale Initiativen – Gut aufgestellt in Wuppertal: Pro Familia berät zu Schwangerschaft, Identität und Lebensplanung
Keine Politik ohne Bürger
Wie Belgien den Populismus mit Bürgerräten und Dialogforen kontert – Europa-Vorbild: Belgien
Der Marmeladen-Effekt
Eine interaktive Mission durch die Küchentischpsychologie – Glosse
Kli Kla Klacks
Intro – Genug für alle
Gleiches Recht für alle!
Teil 1: Leitartikel – Aufruhr von oben im Sozialstaat
„Eine neue Ungleichheitsachse“
Teil 1: Interview – Soziologe Martin Heidenreich über Ungleichheit in Deutschland
Klassenkampf im Quartier
Teil 1: Lokale Initiativen – Bochums Stadtteilgewerkschaft Solidarisch in Stahlhausen
Gerechtigkeit wäre machbar
Teil 2: Leitartikel – Die Kluft zwischen Arm und Reich ließe sich leicht verringern – wenn die Politik wollte
„Je größer das Vermögen, desto geringer der Steuersatz“
Teil 2: Interview – Finanzwende-Referent Lukas Ott über Erbschaftssteuer und Vermögensungleichheit
Gegen die Vermüllung der Stadt
Teil 2: Lokale Initiativen – Umweltschutz-Initiative drängt auf Umsetzung der Einweg-Verpackungssteuer
Die Mär vom Kostenhammer
Teil 3: Leitartikel – Das Rentensystem wackelt, weil sich ganze Gruppen der solidarischen Vorsorge entziehen
„Die gesetzliche Rente wird von interessierter Seite schlechtgeredet“
Teil 3: Interview – VdK-Präsidentin Verena Bentele über eine Stärkung des Rentensystems