Drei Jahre ist es her, dass das Ruhrgebiet Kulturhauptstadt Europas war. Während also ein Jahr lang Europa auf das Ruhrgebiet blickte, schauen Ende Mai vermutlich nur wenige Ruhris nach Straßburg. Denn aus ihren Wahlkreises sind relativ wenige Politiker unter den Kandidaten zu finden – und wenn, dann auch meist nur auf den hinteren Listenplätzen. Immerhin: Deutschland hat die meisten Plätze im Europäischen Parlament: 96. Danach kommt eine Weile nichts, dann Frankreich mit 74. Die Chancen, ins Parlament einzuziehen, sind also für die höheren Ränge recht gut. Zum Beispiel für Dr. Renate Sommer von der CDU. Auf ihre Partei entfallen derzeit 30 Prozent der deutschen Sitze. Sommer, deren Wahlkreis große Teile des Ruhrgebiets umfasst, steht auf Platz 3 der NRW-Liste. Seit 1999 gehört sie dem Parlament an, war dort nach einer fehlgeschlagenen Oberbürgermeister-Kandidatur in ihrer Heimatstadt Herne eingezogen. Von Regional- und Verkehrspolitik über Umwelt- und Verbraucherschutz bis hin zur Gentechnik reicht ihr Aufgabengebiet. „Wir brauchen dringend eine gemeinsame europäische Verkehrspolitik“, so die gebürtige Bochumerin, „denn das Verkehrsaufkommen wird durch die EU-Osterweiterung noch einmal rasant beschleunigt. Und davon wird vor allem NRW als Transitland betroffen sein.“ Als die Befürworterin neuer Straßen und Schienen nach Straßburg ging, war sie 41.
Noch einmal deutlich jünger ist die Gelsenkirchenerin Terry Reintke, 1987 in Gelsenkirchen geboren und seit ihrem 14. Lebensjahr bei den Grünen politisch aktiv. „Gerade weil wir von der Idee der Europäischen Union überzeugt sind, wollen wir sie verändern und für einen konsequenten Klimaschutz, die Regulierung der Finanzmärkte und eine demokratische Erneuerung streiten“, erklärt die junge Frau ihre Ziele. Sie steht auf Platz 9 der Grünen und könnte gut bei jungen und alternativen Wählern ankommen.
Das könnte auch Nick Woischnek, hinge der Linken nicht immer noch der SED-Mief in den roten Socken. Für sie würde der 25-Jährige dauernd zwischen Straßburg und den Unis Bochum und Duisburg-Essen pendeln – aber der angehende Sozialwissenschaftler steht auf Platz 20 der Liste und wird dem Duisburger Kreisvorstand wohl noch erhalten bleiben. Auf Platz 13 der nicht ganz so „roten Liste“ der SPD steht Woischneks „Kollege“ Prof. Dr. Dietmar Köster, Jahrgang 1957 und Geschäftsführer eines Forschungsinstituts in Witten. Vom Ortsverband Wetter aus arbeitete sich der Soziologe in den Landesvorstand hinauf, ist ver.di- und AWO-Mitglied. „Für ein Europa der sozialen Kompetenz und wirtschaftlichen Vernunft“ will er sich einsetzen. Ob ihm der Wähler in Zeiten der GroKo aber noch abnimmt, dass man dazu „eine starke SPD“ brauche, sei dahingestellt. Letztlich gibt es sehr viel frischere Kandidaten als zu den Zeiten der ersten Europawahlen, als noch gescherzt wurde: „Hast Du einen Opa, schick ihn nach Europa!“ Aber prominente, gar charismatische Gesichter erscheinen auch in diesen Wochen nicht auf den Wahlplakaten.
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