Wenn im Hattinger Restaurant „Henrichs“ die Deckenspots angehen und die kleine quadratische Bühne in der Mitte der alten Industriehalle beleuchten, dann wird es plötzlich still – Tellergeklapper und Gespräche verstummen. Es ist der Moment, in dem alle Augen auf die Bühne gerichtet werden und eine nervöse, aber angenehme Spannung in der Luft liegt. Denn es sind nur noch wenige Sekunden,und der gemütliche Restaurantabend mit kulinarischen Köstlichkeiten findet ein Ende und eine Band professioneller Musiker heizt mit improvisierter Live-Musik die Stimmung auf. Das Henrichs ist beinahe ausverkauft und rund 200 Besucher warten auf den Beginn der „Session Possible“, ein Musikevent des Ruhrgebiets in den Bereichen Soul, Pop und Rock. Es ist kein gewöhnlicher Konzertabend, den das Publikum erleben wird.DasBesondere der „Session Possible“ ist die gemütliche Atmosphäre:Die Bühneistebenerdig und die Musikersuchenstets auf Augenhöhe den Kontakt und die Nähe zum Publikum – eindringlicher kann man Musik nicht erleben.
Dann ist es soweit, die Band um Saxophonist und den Begründer der Session, Wolf Codera, bahnt sich unter erwartungsvollen Blicken und klatschenden Händen den Weg durch die Zuschauer hin zur Bühne. Es sind Musiker mit viel Erfahrung, Referenzen und Leidenschaft, die in diesem Monat mit Wolf Codera zusammen die Session Possible in mehreren Ruhrgebietsstädten spielen – Sänger Maya Sedef und Stevie Woods, Gitarrist Moritz Stahl und Bassist Lars Lehnmann, Keyboarder Christoph Siegenthaler sowie Schlagzeuger Tim Ole Hoff schaffen es direkt beim ersten Song, das Eis zu brechen. Mit „Girl on fire“ von Alicia Keys setzt Sängerin Maya den Songinhalt eins zu eins auf der Bühne um und begeistert mit power- und gleichzeitig gefühlvoller Stimme. Wolf Codera setzt im Mittelteil mit einem zur Melodie passenden Solo ein und spielt im fließenden Übergang der Sängerin wieder zu. Energievoll, rockig und individuell sind die Worte, mit denen man die folgenden Coversongs von Jessie J oder Rihanna beschreiben kann.
„Wir möchten bekannte Lieder durch eigene Impulse gestalten und dem Publikum so einen anderen Zugang zu der Musik verschaffen. Es gibt keine Proben vor den Auftritten und Soli aller Instrumente werden je nach Spielfreude der Band eingebaut“, beschreibt Wolf Codera das Prinzip seiner Sessions. Auch die Songauswahl erfolgt nach Lust und Laune der Bandmitglieder. Es soll darum gehen, dass sich die Lieder auf der Bühne spontan entwickeln und jeder Musiker durch Improvisation ein Stück individueller Note hinzufügt. Bereits im Jahr 1999 entstand solch eine Idee bei den Soundchecks der Tournee zu „Die Stimmen aus dem Phantom der Oper“, wo die Lieder jeden Tag in Tempo und Melodie variiert gespielt wurden. „Ich wusste, irgendwann möchte ich genau das vor Publikum und für Geld machen“, sagt Wolf Codera und lacht. Mittlerweile ist die „Session Possible“ fester Bestandteil der Musikevents im Ruhrgebiet. Hattingen, Essen und Solingen sind die Orte, an denen jeden Monat ganzjährlich ein fester Auftritt erfolgt. Jedoch kommen immer wieder andere Orte wie Köln oder Waltrop hinzu, genau so wie sich die Band jeden Monat aus anderen Gastkünstlern zusammensetzt. Eine besondere Kategorie, die ebenfalls fester Bestandteil der Session ist, ist das „Talent des Monats“ – eine Plattform für junge Nachwuchskünstler. An diesem Abend ist es Arbesa (16), auf die Wolf Codera durch die Castingshow X-Faktor aufmerksam geworden ist, die ihr Können mit Erfolg unter Beweis stellt.
„Jedes Konzert ist abhängig von den Musikern, die sich untereinander meist nicht kennen und es trotzdem auf der Bühne schaffen müssen, ein harmonisches Ganzes zu entwickeln“, so Saxophonist Wolf Codera. Die „Session Possible“ ist also ein Konzept, das in dieser Art und Weise einzigartig ist.
Montag, 28. Januar | 18.30 Uhr DJ-Set, 20 Uhr Bandset | Gregor’s, Rüttenscheider Straße 154, 45131 Essen | Tickets unter www.karten-hier.de
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