Mitten in der Pandemie musste Bonn 2021 das Beethoven-Jahr bestreiten. Beethoven war natürlich ein großer Komponist, genau wie Brahms, Bach und Duzende weitere. Der Bayrische Rundfunk zählt online in seinem Musiklexikon für Kinder gleich 45 Notenkünstler auf, nur drei davon sind Frauen. Um dieses Missverhältnis einmal aufzubrechen, geht das Aalto-Musiktheater in Essen neue Wege. Mit einem Festival will die künstlerische Leitung das musikalische Schaffen von Frauen in Vergangenheit und Gegenwart für das Publikum erlebbar machen. Her:Voice zeigt herausragende Werke der Komponistinnen auf der Opern- und Konzertbühne, in einem mehrteiligen Symposium aber auch die Hintergründe der patriarchalen Geschichtsschreibung über das Schaffen komponierender Frauen.
Los geht es im Mai mitMelanie Unseld von der Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien, die sich mit dem Wirken der Komponistinnen im historischenOpernrepertoire befasst. Der zweite Teil des Symposiums behandelt die Frage, ob sich die Bedingungen für Komponistinnen in den letzten Jahrzehnten verändert haben. Antworten darauf liefern beispielhaft zwei US-amerikanische Komponistinnen aus zwei Epochen: da ist Florence B. Price (1887-1953), die erste Afroamerikanerin, die als Komponistin klassischer Musik anerkannt wurde, und Missy Mazzoli (geb. 1980), die heute als eine der besten zeitgenössischen Komponistinnen gilt.
Dennoch, der letzte Teil des Symposiums zeigt, dass es neue Werke jenseits des bekannten Kanons immer noch schwer haben, beachtet und aufgeführt zu werden. Akteur:innen der Musiktheaterpraxis setzen sich deshalb im Aalto Foyer abschließend mit den Ursachen und Herausforderungen auseinander, die einen neuen Blickwinkel auf die Musikgeschichte und die kompositorische Gegenwart auf den Bühnen un- oder möglich machen. Das kunstvolle weibliche Schaffen in der Musik zeigen dagegen gerade Bühnen in der Region: Ende Januar – schlappe 200 Jahre nach der Uraufführung – hatte Louise Bertins (1805-1877) Oper „Fausto“ (Libretto: die Komponistin selbst) in Essen eine Premiere. An der Wuppertaler Oper wird seit Anfang April außerdem Ethel Smyths (1858-1944) Musikdrama „Der Wald“ mit Prolog und Epilog in einem Akt gespielt – auch hier schrieb die britische Komponistin selbst das Libretto. Alles allemal ein Besuch wert.
Her:Voice Komponistinnenfestival | 9. - 12.5. | Aalto-Theater, Essen | 0201 812 22 00
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen?
Als unabhängiges und kostenloses Medium ohne paywall brauchen wir die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser. Wenn Sie unseren verantwortlichen Journalismus finanziell (einmalig oder monatlich) unterstützen möchten, klicken Sie bitte hier.

Über Macht und Identität
Die Herner Tage Alter Musik 2025 – Klassik an der Ruhr 11/25
Singende Fische
„Die Frau ohne Schatten“ am Theater Bonn – Oper in NRW 11/25
Liebe gegen alle Widerstände
„Roméo et Juliette“ in Krefeld – Oper in NRW 11/25
„Liebe auf den ersten Blick“
Sebastian Lang-Lessing ist neuer Generalmusikdirektor am Theater Hagen – Interview 11/25
Offene Erwartungen
Das „Rheingold“ an der Oper Köln – Oper in NRW 10/25
Angenehm falsch
„Wiener Blut“ am Essener Aalto-Theater – Oper in NRW 10/25
Jede Menge bunter Abende
Wilder Programmmix in der Kölner Philharmonie – Klassik am Rhein 10/25
Günstige Städtereisen
Die Neue Philharmonie Westfalen tourt durchs Ruhrgebiet – Klassik an der Ruhr 10/25
„Das Streichquartett in die Zukunft führen“
Der Geiger Daniel Stoll über die Residenz des Vision String Quartets in der Tonhalle Düsseldorf – Interview 10/25
Verzweifelte Leidenschaft
„Manon Lescaut“ an der Oper Köln – Oper in NRW 09/25
Verantwortlichkeit!
Das Jerusalem Quartet in Köln und Bonn – Klassik am Rhein 09/25
Zusammenprall der Extreme
„Der Goldene Drache“ von Peter Eötvös am Theater Hagen – Oper in NRW 09/25
Vom Olymp in den Hades
Planet of Zeus in Bochums Trompete – Musik 11/25
Fluxus trifft Free Jazz
Konzertreihe Klangbilder im Kunstmuseum Bochum – Musik 11/25
Zu den Wurzeln des Punk
11. Electri_City Conference in Düsseldorf – Musik 10/25
Alle Fenster auf
Brown Horse in der Haldern Pop Bar – Musik 10/25
Nicht mehr wegzudenken
Das Wuppertaler Jazzmeeting 2025 – Musik 10/25
Im Rausch der unerhörten Klänge
Beyond Dragons im Dortmunder Domicil – Musik 10/25
Der Klang verwüsteter Hotelzimmer
4. Formosa Bierfest auf der Essener Zeche Carl – Musik 09/25
Zu Gast mit Gästen
Die WDR Big Band in der Wuppertaler Immanuelskirche – Musik 09/25
Bis das Regime gestürzt ist
Mina Richman im Bochumer Bahnhof Langendreer – Musik 09/25
Brachiale Schönheit
Gaye Su Akyol in Duisburg, Suzan Köcher's Suprafon in Dortmund – Musik 09/25
Ohne Grenzen
74. Ausgabe der Konzertreihe Soundtrips NRW – Musik 09/25