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Die gutgelaunte Filmcrew im Bahnhof Langendreer.
Foto: Lisa Mertens

Gute Idee > Fettes Budget

16. Januar 2013

"Dicke Mädchen" im Endstation Kino Bochum - Foyer 01/13

Bochum, 21.11. - Am Einlass wurde jeder Besucher mit einer Wundertüte, bestehend aus Lolli, Kondom und Promomaterial für queere Initiativen, ausgestattet. Dann ging es direkt los mit 76 Minuten bester Unterhaltung voller Humor und einer gehörigen Portion Tragik: „Dicke Mädchen“, der No-Budget-Film, der im Jahr 2012 zig Festivals abräumte und bewies, dass eine gute Idee den Mangel eines hohen Budgets wett macht.
„Dicke Mädchen“ erzählt die Geschichte zweier dicklicher Männer, die zögerlich und auf dramatische Umwege zarte Gefühle für einander entwickeln. Sven, Mittvierziger und Bankangestellter, lebt mit seiner demenzkranken Mutter zusammen Tag ein Tag aus denselben Trott. Doch Sven ist zufrieden mit seiner Mutter als einzigen Bezugspunkt. Nunja, fast. Zu Daniel, Pfleger seiner Mutter und Familienvater in einer schwierigen Ehe, fühlt er sich langsam hingezogen. Doch nichts scheint den gewohnten Alltagstrott zu unterbrechen, bis Daniel von seiner Ehefrau hinausgeworfen wird, bei Sven einzieht und Svens Mutter unerwartet aber glücklich verstirbt. Gefühle brechen plötzlich durch, Träume offenbaren sich, Komplikationen entstehen.
Regisseur Axel Ranisch vermag es, die Geschichte natürlich entwickeln zu lassen. Er verzichtet auf stereotype Handlungsstränge und setzt vielmehr auf schön herausgespielte Wendungen, die der schwierigen Beziehung der beiden dicklichen Männer mit leisen Tönen beikommen. Das Publikum im Kino Endstation zeigte sich von Ranischs Geschichte sehr ergriffen und feierte nach der Vorführung die Filmcrew mit Standing Ovations. Viel Zeit für schwere Gedanken blieb dann jedoch nicht, denn die Crew, die da ist Regisseur Axel Ranisch, die zwei Hauptdarsteller Heiko Pinkowski und Peter Trabner sowie die 91jährigen Ruth Bickelhaupt, brachten gute Laune mit und scherzten über den Cast, das Script und den Dreh.
Ranisch erzählte, dass er Pinkowski und Trabner schon Jahre kennen würde und sie gute Freunde von ihm seien. Bei einem Spieleabend sei ihm die Idee gekommen, mit den beiden einen Liebesfilm zu drehen. Die Chemie stimmte einfach sofort. Und überraschenderweise ließen sie sich auf diese verrückte Idee ein. Und verrückt war sie wirklich: Kein Budget, außer man bezeichnet 517,23€, die für Kuchenteilchen, Schnittchen und Sprit draufgingen, als solches, ein Script von gerademal zwei Seiten und ein Drehort, der eigentlich die Wohnung seiner Oma Ruth Bickelhaupt ist. Doch es funktionierte. Das lag neben der guten Idee an seinen Mitstreitern, die sich für sein Projekt ausbeuten ließen, wie Ranisch selbst es nennt. Peter Trabner brachte seine Erfahrung aus dem Improvisationstheater mit und befeuerte den Satz aus dem Drehbuch „Fahren an den See und haben Spaß“ mit unglaublich vielen Ideen, sodass daraus eine großartige Schlüsselszene des Films wurde. Peter Trabner und Heiko Pinkowski gaben zu, dass sie nie daran geglaubt hätten, dass der Film in den deutschen Kinos überhaupt laufen würdest. Für Freunde und Familie hätten sie sich natürlich schon so „zum Affen“ gemacht, aber dass Szenen wie ihr nackter Bolerotanz oder das nackte Tanzen am See (mitten im März) mal so viele Zuschauer begeistern würde, hätte keiner von ihnen erwartet. Doch natürlich freue sie der Erfolg. Er habe schon weitere verrückte Ideen in Petto, so Ranisch, „Dicke Mädchen“ habe ihm richtig Schwung gegeben.
Das Publikum freute sich sich sichtlich über diese vielversprechende Ankündigung und belagerte die Filmcrew nach dem Filmgespräch um Autogramme abzustauben. Sogar bis auf den Parkplatz soll sie verfolgt worden sein.

LISA MERTENS

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