Sowas macht eigentlich kaum jemand mehr: Brutal, lustig, frivol – alles zusammen, und dann auch noch mit politischer beziehungsweise gesellschaftlicher Ambition. Paul Verhoeven, Regisseur von „RoboCop“, „Total Recall“, „Basic Instinct“, „Showgirls“, „Starship Troopers“ und „Elle“, inzwischen über 80, macht es immer noch. Jetzt also ein auf historischen Tatsachen beruhendes Nonnen-Lesben-Drama, das Exploitation vermuten lässt. In Sachen Sex und Gewalt in der Verbindung mit Glauben wird man auch nicht enttäuscht. „Benedetta“ ist brachial, mitunter auch komisch, das macht alleine aber noch keinen guten Film. Der wird es erst mit Verhoevens ebenso brachialer Kirchen- und Machtkritik, die auch vor einer höchst ambivalenten Protagonistin nicht halt macht. Widersprüche und Ambivalenzen waren immer schon eine Stärke seiner Filme.
„Father, Son and House of Gucci“ bekreuzigt sich einmal die ehrgeizige Patrizia, die sich berechnend in das Familien-Imperium eingeheiratet hat, um es gegeneinander auszuspielen. Es ist, als sei Francis Ford Coppolas New Yorker „Godfather“ in Italien noch einmal auferstanden: diesmal in gleißender Sonne und in von Kameramann Dariusz Wolski stilvoll eingefangenem Luxus-Ambiente. Tatsächlich machen aber die von Al Pacino, Jeremy Irons und Jared Leto gespielten Clan-Oberhäupter den Reiz von Ridley Scotts „House of Gucci“ aus. Immerhin holt er auch schauspielerisch Erstaunliches aus Lady Gaga (Patrizia) heraus, während er sich - wie schon Léos Carax in „Annette“ - an dem uncharismatischen Adam Driver (Maurizio) die Zähne ausbeißt.
Harald Naegeli entstammt der Zürcher Großbourgeoisie und rebelliert seit 1977 auf seine eigene Weise gegen das Establishment: Er besprayt und bemalt Hauswände – und wird schon bald verfolgt und gestellt. Naegeli flieht nach Düsseldorf und hinterlässt auch dort seine Spuren. 2020 wird er von seiner Heimatstadt für sein Lebenswerk geehrt. Heute ist er 81. Nathalie David gelingt mit „Harald Naegeli – Der Sprayer von Zürich“ ein exzellentes Künstler-Porträt.
Außerdem neu in den Ruhr-Kinos: Salome Jashis poetische Doku „Die Zähmung der Bäume – Taming the Garden“, Navot Papushados Rambazamba-Actioner „Gunpowder Milkshake“, Walt Beckers Kinderabenteuer „Clifford, der große rote Hund“ und Anu Auns liebenswerte Familiengeschichte „Weihnachten im Zaubereulenwald“.
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen?
Als unabhängiges und kostenloses Medium ohne paywall brauchen wir die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser. Wenn Sie unseren verantwortlichen Journalismus finanziell (einmalig oder monatlich) unterstützen möchten, klicken Sie bitte hier.
„Ich wollte mich auf eine Suche nach Kafka begeben“
Regisseurin Agnieszka Holland über „Franz K.“ – Gespräch zum Film 10/25
Die Träume der Buchhändlerin
Die Filmstarts der Woche
Im Rausch der unerhörten Klänge
Beyond Dragons im Dortmunder Domicil – Musik 10/25
Solare Kräfte
„Genossin Sonne“ im Dortmunder U – Ruhrkunst 10/25
Gemalte lebendige Natur
„B{l}ooming“ im Wallraf-Richartz-Museum – Kunst in NRW 10/25
Zwischen Bar und Bühne
Teil 1: Lokale Initiativen – Das Neuland als kulturelles Experiment im Bochumer Westend
Was hat Kultur denn gebracht?
Eine Erinnerung an Nebensächliches – Glosse
Jede Menge bunter Abende
Wilder Programmmix in der Kölner Philharmonie – Klassik am Rhein 10/25
Jenseits üblicher Klänge
Das Multiphonics Festival 2025 in Köln und Wuppertal – Improvisierte Musik in NRW 10/25
„Ich glaube schon, dass laut zu werden Sinn macht“
Teil 1: Interview – Freie Szene: Die Geschäftsführerin des NRW Landesbüros für Freie Darstellende Künste über Förderkürzungen
Körper und Krieg
„F*cking Future“ auf PACT Zollverein in Essen – Tanz an der Ruhr 10/25
Die Kunstinitiative OFF-Biennale
Wer hat Angst vor Kunst? – Europa-Vorbild: Ungarn
Tanz gegen Kolonialismus
„La Pola“ im Rautenstrauch-Joest-Museum – Tanz in NRW 10/25
Die Front zwischen Frauenschenkeln
„Der Sohn und das Schneeflöckchen“ von Vernesa Berbo – Literatur 10/25
Günstige Städtereisen
Die Neue Philharmonie Westfalen tourt durchs Ruhrgebiet – Klassik an der Ruhr 10/25
Der Meister des Filmplakats
Renato Casaro ist tot – Vorspann 10/25
Im Spiegel des Anderen
„Der Junge im Taxi“ von Sylvain Prudhomme – Textwelten 10/25
„Das Streichquartett in die Zukunft führen“
Der Geiger Daniel Stoll über die Residenz des Vision String Quartets in der Tonhalle Düsseldorf – Interview 10/25
Von Ära zu Ära
Biographie einer Metal-Legende: „Sodom – Auf Kohle geboren“ – Literatur 10/25
Unbezahlbare Autonomie
Teil 1: Leitartikel – Die freie Theaterszene ist wirtschaftlich und ideologisch bedroht
Foltern ohne Reue
„Törleß“ am Bochumer Rottstr 5 Theater – Prolog 10/25
Kutten, Kohle und Karlsquell
Lesung „Sodom – Auf Kohle geboren“ in Bochum – Literatur 10/25
Der Klang verwüsteter Hotelzimmer
4. Formosa Bierfest auf der Essener Zeche Carl – Musik 09/25
Ruhrgebilder
Pixelprojekt-Neuaufnahmen in Gelsenkirchen – Ruhrkunst 09/25
„Absurd und bewusst irritierend“
Kuratorin Inke Arns über „Genossin Sonne“ im Dortmunder HMKV – Sammlung 09/25