
Mein Stück vom Kuchen
F 2011, Laufzeit: 110 Min., FSK 0
Regie: Cédric Klapisch
Darsteller: Karin Viard, Gilles Lellouche, Audrey Lamy, Jean-Pierre Martins, Raphaële Godin
>> www.meinstueckvomkuchen.de
Gesellschaftsdrama
Nichts für Nette
„Mein Stück vom Kuchen“ von Cédric Klapisch
France (Karin Viard, „Das Schmuckstück“, „Nichts zu verzollen“), geschieden, dreifache Mutter, arbeitet seit zwei Jahrzehnten in einer Fabrik in Dünnkirchen, die in Folge des China-Booms geschlossen wird. Die Welt bricht für sie zusammen, doch sie entschließt sich schon bald, für einen Job nach Paris zu pendeln. Dort lebt und arbeitet der skrupellose Börsenspekulant Steve (Gilles Lellouche, „Kleine wahre Lügen“): Ein Karrierist, wie er im Buche steht. „Ich bin böse“, postuliert er süffisant und beweist damit dem Chef die Eignung. Steve sucht für sein Appartement in Paris eine Haushaltshilfe, und so steht eines Tages France in der Tür. Die darf sich schon bald zusätzlich um Steves kleinen Sohn kümmern. Ein Fulltime-Job, bei dem zwei Welten aufeinander prallen. Als France erfährt, dass Steve Mitschuld an der Schließung ihrer Firma hatte, wird es mulmig.
Vorab zur Richtigstellung: Der Trailer verspricht eine temporeiche, wenn nicht gar romantische Komödie, in der ein geldgieriger Gefühlslegastheniker auf eine aufrichtige, geerdete Frau trifft. Solch ein Aufeinandertreffen, das hat die Filmgeschichte wiederholt bewiesen, bietet allerhand komödiantisches Potential. Doch sollte man sich in diesem Falle vom Trailer nicht täuschen lassen: Regisseur Cédric Klapisch ("L'Auberge Espagnole - Barcelona für ein Jahr") geht es nämlich viel mehr darum zu zeigen, dass Gewissenlosigkeit, Habgier und emotionale Defizite nicht zwingend läuterungsfähig bzw. therapierbar sind. Wer hier also erwartet, France und Steve würden am Ende zu Glockenspiel und Weichzeichner im siebten Himmel davon schweben, der wird enttäuscht. Denn auch wenn Klapisch absurde Momente und Zynismen findet, bleibt er insgesamt eher dem Gesellschaftsdrama verhaftet und zeigt folglich weniger, wie schön das Leben sein könnte, sondern vielmehr, wie bitter das Leben ist. Dazu bedient er sich der Gegensätze, die er zuweilen, sei es über die Story, sei es über die Montage, äußerst akzentuiert gegenüberstellt.
Die Stärken des Films liegen, neben guten schauspielerischen Leistungen, in seinen gelungenen, kritischen Ansätzen: Soziale Not, familiärer Halt, Solidarität, kapitalistische Ausbeuter, die Jobsuche, bei der sich France vorkommt wie eine „Einwanderin im eigenen Land“ – Klapisch erzählt mit dem Fingerzeig aus dem Leben. Beispielhaft skizziert er die Machtmechanismen in der verklärten Realität der Oberen Zehntausend, spiegelt an der emotional verkümmerten Figur seines männlichen Protagonisten die Entmenschlichung ihrer Anhänger. „Business ist nichts für Nette“: Eine Welt von Egomanen, in der zwischenmenschliche Regungen allein dem Zweck und Egoismus geschuldet sind. Insgesamt ist das sehr plakativ gezeichnet, zugleich aber ist es löblich, mit welcher Kompromisslosigkeit und Konsequenz Klapisch bei seiner Charakterisierung vorgeht. Adäquat portraitiert er mit France die Frau aus dem Volk: Da ist die Welt zumindest im Zwischenmenschlichen noch in Ordnung, man hält zusammen, solidarisiert sich, ist gemeinsam stark. Allerdings auch immer am Rande der Verzweiflung.
(Carla Schmidt)
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