Lady Bird
USA 2017, Laufzeit: 95 Min., FSK 0
Regie: Greta Gerwig
Darsteller: Saoirse Ronan, Laurie Metcalf, Tracy Letts
>> upig.de/micro/lady-bird
Tragikomisches Coming of Age-Drama voller Leidenschaft
Selbstbewusste Orientierungslosigkeit
„Lady Bird“ von Greta Gerwig
Auf einer Autofahrt streiten Christine und ihre Mutter Marion wieder einmal. Es geht wie so oft darum, wie es nach der High School weitergehen soll. Christine will weit weg von Sacramento, am liebsten an die Ostküste. Während ihre MitschülerInnen an ihrer religiösen High School auf katholische Hochschulen wollen, interessiert das Christine überhaupt nicht. Schlimmer noch: Sie möchte etwas Kreatives machen. Die Mutter hingegen sähe ihre Tochter lieber auf einer soliden Hochschule und dann in einem anständigen Beruf. Für ihre Tochter rackert sie sich schon lang genug ab, jetzt muss nicht auch noch eine teure Kunstschule auf dem Finanzplan stehen. Der Streit eskaliert und Christine steigt wütend aus – bei voller Fahrt!
Greta Gerwig erzählt mit „Lady Bird“ eine leicht autobiografisch angelegte Coming-of-Age-Geschichte. Auch sie stammt aus Sacramento und wollte nichts lieber als in die Großstadt, um die Welt der Kunst zu erkunden. Das hat bei ihr ganz gut geklappt, wie man weiß: Mit Filmen wie „Greenberg“ und „Frances Ha“, beide von Noah Baumbach, oder „Maggies Plan“ von Rebecca Miller wurde sie bekannt. „Lady Bird“ ist nun ihre erste Regiearbeit. Der Titel ist der Kunstname, den sich Christine in einem Akt der Rebellion selber gegeben hat, um ihrem mittelmäßigen Provinzdasein Glanz zu verleihen. In Wahrheit schwankt sie zwischen einer solch punkigen Fuck-you-Attitüde und dem Wunsch, dazuzugehören. Zu den Reichen, die alle auf der anderen Seite der Gleise wohnen und in ihrer Klasse direkt neben ihr sitzen. Zu den Coolen, die um die Nachwuchs-Jim-Morrisons kreisen wie Fliegen, oder zu den Klugen, die Schriftsteller zitieren. Auf jeden Fall anders soll es sein, als in ihrem mittelmäßigen Zuhause. Bei ihrer Suche nach sich verliert sich Lady Bird immer wieder zwischen falschen Freunden – Mädchen wie Jungs. Aber vor allem zwischen Mutter (großartig: Laurie Metcalf; „Roseanne“) und Tochter knallt es immer wieder.
Saoirse Ronan („Wer ist Hanna?“, „Grand Budapest Hotel“, „Lost River“) verkörpert die selbstbewusste Orientierungslosigkeit eines Teenagers, der zwar weiß, dass er nicht hierher gehört, aber auch noch nicht weiß, wohin er gehört. Greta Gerwig begleitet ihre Heldin sehr liebevoll durch Freundschaftskrisen, Schwärmereien und Liebeskummer sowie den ersten Sex, durch Familienstreits und erste Drogenerfahrungen und durch das letzte Schuljahr mit allem, was dazu gehört: von Notenstress über Cliquenbildung bis zum Abschlussball. Gerwig inszeniert mit Schwung auf einer leichtfüßigen Klaviatur zwischen Drama und Humor. Zuletzt durfte man das auf diese einfühlsame, sympathische Art in Mike Mills‘ „Jahrhundertfrauen“ erleben. Hier ist die Hauptfigur aber ein unangepasstes, streitbares Mädchen, und das sieht man mit Blick auf eine Armada an Coming-of-Age-Filmen mit nerdigen Jungs leider viel zu selten.
(Christian Meyer-Pröpstl)
Zurück zum Film
Open-Air-Kinos von Duisburg bis Dortmund – Vorspann 08/24
Der Sieg des Glaubens
„Führer und Verführer“ im Kölner Odeon mit Regisseur Joachim Lang – Foyer 07/24
Lichtspiele mit Charme
Eröffnung der Ausstellung „Glückauf – Film ab!“ im Ruhr-Museum – Foyer 07/24
„Poor Things“, reiches Cannes
Eine Bilanz der ersten sechs Kinomonate – Vorspann 07/24
„Es geht um Geld, Gerechtigkeit und Gemeinschaft“
Regisseurin Natja Brunckhorst über „Zwei zu eins“ – Gespräch zum Film 07/24
Der Tod, der uns verbindet
NRW-Premiere von Eva Trobischs „Ivo“ – Foyer 06/24
Ewige Stadt, ewiges Kino
In Rom werden aus alten verlassenen Kinos wieder Kinos – Vorspann 06/24
Ein letzter Blick von unten
„Vom Ende eines Zeitalters“ mit Filmgespräch im Casablanca Bochum
„Wir erlebten ein Laboratorium für ein anderes Miteinander“
Carmen Eckhardt über „Lützerath – Gemeinsam für ein gutes Leben“ – Portrait 05/24
Grusel und Begeisterung
„Max und die wilde 7: Die Geister Oma“ mit Fragerunde in der Schauburg Dortmund
Wenn Kino Schule macht
Die Reihe Filmgeschichte(n) spürt Schulgeschichten auf – Festival 05/24
Der Kurzfilm im Rampenlicht
Die Internationalen Kurzfilmtage Oberhausen 2024 – Vorspann 05/24
„Ich wollte die Geschichte dieser Mädchen unbedingt erzählen“
Karin de Miguel Wessendorf über „Kicken wie ein Mädchen“ – Portrait 04/24
Mehr als „Malen-nach-Zahlen-Feminismus“
„Ellbogen“ im Kölner Filmpalast – Foyer 04/24
Sichtbarkeit vor und hinter der Leinwand
Das IFFF fordert Gleichberechtigung in der Filmbranche – Festival 04/24
„Ich mag realistische Komödien lieber“
Josef Hader über „Andrea lässt sich scheiden“ – Roter Teppich 04/24
„Viel Spaß beim Film“
Vom Ende der Platzanweiser:innen – Vorspann 04/24
Was will der Lama mit dem Gewehr?
Start: 1.8.2024
„Kafka empfand für Dora eine große Bewunderung“
Henriette Confurius über „Die Herrlichkeit des Lebens“ – Roter Teppich 03/24
„Alles ist heute deutlich komplizierter geworden“
Julien Hervé über „Oh la la – Wer ahnt denn sowas?“ – Gespräch zum Film 03/24
Was läuft im Kino?
Über die Programmierkunst echter und gespielter Helden – Vorspann 03/24
Bären für NRW-Filme?
21. NRW-Empfang im Rahmen der 74. Berlinale – Foyer 02/24
Bezeugen, was verboten ist
NRW-Kinopremiere: „Green Border“ von Agnieszka Holland mit Vorgespräch
„Man kann Stellas Wandel gut nachvollziehen“
Jannis Niewöhner über „Stella. Ein Leben.“ – Roter Teppich 02/24
Prognose: Lachstürme
Die Komödie findet endlich ins Kino zurück – Vorspann 02/24