Stefan Ludwig: Lass uns die Klassiker gleich abarbeiten: Kannst du davon leben und was machst du tagsüber?
Jacqueline Feldmann: Und „wo ist das Klo?“ Meist fragen mich die Leute das nach einer Show. „Entschuldigen Sie, ich hab mal eine Frage: Wo ist die Toilette?“ – Okay, dann wohl eben kein Foto und kein Autogramm. Ich mach das jetzt seit zwei Jahren hauptberuflich und lebe noch. Wenn ich nicht auftrete, bin ich voll gerne kreativ, male und lese viel. – Stefan, warum hast du mich zu einer See-Runde eingeladen?
SL: Wir kennen uns nicht, ich kenne aber deine Managerin und viele deiner Kolleginnen. Ich war und bin einfach neugierig auf deine Geschichte. – Haben dir Freunde dazu geraten, dem Job beim Finanzamt den Rücken zu kehren?
JF: Das kam von mir aus. Als Kind hab ich schon immer Quatsch gemacht, aber nur bei Leuten, bei denen ich mich wohlgefühlt habe. Als 16-Jährige war ich nur im Internet unterwegs. Im Internet hab ich dann auch Komikerinnen kennengelernt, fand das so cool und wollte das auch machen. Ich war bei John Hudson in einem Comedy-Impro-Workshop. John sagte mir, dass ich sehr mutig sei und ich es einfach mal ausprobieren sollte: Mit einem Fünf-Minuten-Text über mich selber, einfach mal rauf auf die Bühne. Nur fürs Protokoll: Mein Wohnstil wäre das hier ja nicht. Schuhkarton neben Schuhkarton. Ehrlich gesagt, mag ich so perfekte Wohngegenden nicht. Ich wohne in einem Altbau und ich liebe das. Es knarzt überall, es ist alles so ein bisschen schief, die Wände sind alle nicht gerade. Total toll. Lass uns schaukeln gehen, da hinten ist ja eine. Ich hab mir ne Schaukel in meine Wohnung gemacht. Ich habe im Flur fünf Meter hohe Decken. Jetzt kann ich in meinem Flur schaukeln. Das ist geil.
SL: Wow, das nenne ich mal Lebensqualität. – Wie schreibst du deine Programme?
JF: Ich hab für mich so gemerkt, dass ich wie eine Band ticke. Eine Band, die sich extrem viel Zeit lässt mit ihrem nächsten Album. Ich kann noch gar nicht so viel aus meinem Leben erzählen, weil ich noch so jung bin. Ich möchte noch was erleben, nicht nur touren und auf Theaterbühnen stattfinden, sondern mein 24-jähriges Ich noch ein bisschen behalten. Das letzte halbe Jahr war ich nur auf Tour, auf Bühnen, auf der Autobahn, im Zug. Kein Wunder, dass so viele Comedians nur übers Zugfahren erzählen und über die Bahn ablästern, weil sie auch nichts anderes erleben. – Kannst du darüber noch lachen?
SL: Geht so. Jacqueline, wie gehst du mit der Herausforderung Bühne um?
JF: Die Erziehung meiner Eltern war echt die beste. Sie haben mir so viel mitgegeben, auch für meinen heutigen Beruf. Ich war immer in Wettbewerbssituationen und immer in Beurteilungssituationen. Ich hab etwa mit sechs Jahren mit Kunstturnen angefangen. Wenn du auf diesem Schwebebalken standest, wurdest du ja immer benotet von den Jury-Mitgliedern. Und du wurdest von allen beobachtet. Man hat immer weitergemacht, auch wenn man runtergefallen ist. Mit zwölf bin ich beim Hammerwerfen gelandet. Ich war auch mal Westfalenmeisterin im Hammerwerfen und Deutsche Meisterin im Steinwurf. Mir hat Sport immer geholfen. Wenn ich Stress oder einen Scheiß-Tag hab, gehe ich ins Fitness-Studio oder raus zum Laufen, ich trainiere das weg. Einfach immer weitermachen.
‚52Runden‘ gibt es auch in Buchform.
Mail an Stefan Ludwig über 52runden@gmx.de
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Wer mit Stefan Ludwig den See umrundet, wird ein Gesprächserlebnis besonderer Art genießen, auch mit sich selbst. Er läuft weiterhin jede Woche um den See und sein 52-Runden-Kalender hat 2019 auch noch Lücken…
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