„Dortmund-Hörde” – heute geht einem der Bindestrich leicht über die Lippen. Aber das war nicht immer so. Denn Hörde war früher eine eigenständige Stadt, gegründet von den Grafen von der Mark und umgeben von den kaum überquerbaren Emschersümpfen, die dem Ort seinen Namen gaben: Hörde, das ist eine Abwandlung des mittelhochdeutschen Worts für „Hürde”. Das nördlich gelegene Dortmund war damals jedoch ein erbitterter Konkurrent des Grafen, und diese Konkurrenz führte schon mal zum Austausch von Kanonenkugeln. In der „Großen Dortmunder Fehde” von 1388 bis 1389 zwischen der Hansestadt Dortmund und einer Koalition, die vom Kölner Kurfürsten angeführt wurde, war die Hörder Burg das wichtigste Basislager bei der Belagerung Dortmunds. Sie wurde niemals eingenommen. Aus dieser Zeit stammt auch der Burgturm, der auch während der Nutzung der Burg als Verwaltungsgebäude für die Hörder Stahlhütten erhalten geblieben ist.
Eine typische Geschichte von Aufstieg und Niedergang
Damit hat sie die „Hörder Fackel”, den 98 Meter hohen Zentralkamin des Stahlwerks Phoenix-Ost, überlebt. Denn typisch für Hörde ist eine andere Architektur. Wer mit dem Zug nach Hörde einfährt, kann sie heute noch erahnen, die beiden Stahlwerke Phoenix-Ost und Phoenix-West. 1841 wurde mit der Hermannshütte im Osten von Hörde der Grundstein für die Stahlproduktion gelegt, 1852 kommt im Westen eine weitere Hütte dazu. Die Geschichte der Stahlwerke ist eine typische Geschichte von Aufstieg und Niedergang. 1879 führen die Hörder Stahlwerke als erste in Deutschland das sogenannte Thomas-Verfahren ein und erlangen damit einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil. 1906, zur Zeit der Fusion mit der rheinländischen Phoenix AG, arbeiten 6.200 Menschen dort, die jährlich 50.000 Tonnen Stahl produzieren. Bis zum Zweiten Weltkrieg steigt diese Zahl weiter an. 1998 wird Phoenix-West geschlossen, 2001 dann Phoenix-Ost, dessen Anlagen heute zum Teil in China weiter zur Stahlgewinnung verwendet werden.
Die Hörder Geschichte ist dabei überall im Stadtteil weiterhin sichtbar. Nicht nur weil am Hörder Wahrzeichen, der gusseisernen Uhr “Schlanke Mathilde”, Gründerzeitbauten und 60er Jahre-Architektur in Sichtweite aufeinandertreffen. Sondern auch, weil Hörde zu seinen Hochzeiten durchaus verschrobene Charaktere anzog und ihrer gedenkt. Der interessanteste von ihnen ist vermutlich der Volksdichter Wilhelm Wenzel. 1867 kam er nach Hörde und eröffnete dort ein Geschäft für Bücher und Schreibwaren. Vor seinem Laden stellte er eine Schiefertafel auf, auf der er das Weltgeschehen in Versform kommentierte. Sie wurde schnell als „Hörder Pranger” bekannt und zog Schaulustige vor den Laden, sobald Wenzel seinen Spott niederschrieb. Den Zusammenschluss mit dem ehemaligen Erzfeind Dortmund 1928 hat er jedoch nicht mehr miterlebt. 1914 starb Wenzel und hinterließ die bescheidene Summe von 6,11 Reichsmark. Geld wurde in Hörde halt dann doch nur mit Stahl verdient.
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen?
Als unabhängiges und kostenloses Medium ohne paywall brauchen wir die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser. Wenn Sie unseren verantwortlichen Journalismus finanziell (einmalig oder monatlich) unterstützen möchten, klicken Sie bitte hier.
„Musst Du das haben? Bist Du so eitel?“
Im Gespräch mit Ulrich Schlitzer – bei einer von 52 Runden um den Phoenix-See – Spezial 07/19
„Ich bin ein sehr aktiver Opa“
Im Gespräch mit Nikolaus Schneider – bei einer von 52 Runden um den Phoenix-See – Spezial 06/19
„Ich wollte immer raus, die Welt sehen“
Im Gespräch mit Stefan Ludwig – bei einer von 52 Runden um den Phoenix-See – Spezial 05/19
„Was ich werden will? Rockstar!“
Im Gespräch mit Stefan Ludwig – bei einer von 52 Runden um den Phoenix-See – Spezial 04/19
„Einfach immer weitermachen“
Im Gespräch mit Stefan Ludwig – bei einer von 52 Runden um den Phoenix-See – Spezial 03/19
„Dein Zeitkostüm muss passen!“
Im Gespräch mit Stefan Ludwig – bei einer von 52 Runden um den Phoenix-See – Spezial 02/19
„Wasser ist Leben“
Im Gespräch mit Stefan Ludwig – bei einer von 52 Runden um den Phoenix-See – Spezial 01/19
„Immer auf neue Sachen freuen“
Im Gespräch mit Stefan Ludwig – bei einer von 52 Runden um den Phoenix-See – Spezial 12/18
Das, was die Städte ausmacht
Regisseur Michael Loeken über die Dokumentation „Göttliche Lage“ – Gespräch zum Film 08/14
Nichtschwimmerkurs für Phö-Nixen
Ein Gastbeitrag der Kabarettistin Lioba Albus – Thema 10/11 PHOENIX See
Der Blaumilchsee
Im Dortmunder Stadtteil Hörde hat die Zukunft begonnen – THEMA 10/11 PHOENIX SEE
„Kein eingezäuntes Ghetto für Reiche“
Paul Blanke-Bartz über die Veränderungen im Stadtteil Hörde – Thema 10/11 PHOENIX See
Branchenprobleme
Intro – Gut informiert
An den wahren Problemen vorbei
Teil 1: Leitartikel – Journalismus vernachlässigt die Sorgen und Nöte von Millionen Menschen
„Das Gefühl, Berichterstattung habe mit dem Alltag wenig zu tun“
Teil 1: Interview – Medienwissenschaftlerin Marlis Prinzing über Haltung und Objektivität im Journalismus
Von lokal bis viral
Teil 1: Lokale Initiativen – Die Landesanstalt für Medien NRW fördert Medienvielfalt
Teuer errungen
Teil 2: Leitartikel – Der öffentlich-rechtliche Rundfunk muss bleiben – und besser werden
„Die Sender sind immer politisch beeinflusst“
Teil 2: Interview – Medienforscher Christoph Classen über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk
Aus den Regionen
Teil 2: Lokale Initiativen – Das WDR-Landesstudio Köln
Journalismus im Teufelskreis
Teil 3: Leitartikel – Wie die Presse sich selbst auffrisst
„Nicht das Verteilen von Papier, sondern Journalismus fördern“
Teil 3: Interview – Der Geschäftsführer des DJV-NRW über die wirtschaftliche Krise des Journalismus
Pakt mit dem Fakt
Teil 3: Lokale Initiativen – Das Zentrum für Erzählforschung an der Uni Wuppertal
Nicht mit Rechten reden
Der „cordon sanitaire médiatique“ gibt rechten Parteien keine Bühne – Europa-Vorbild Wallonien
Der Vogelschiss der Stammesgeschichte
Wenn Menschenrechte gleich Lügenpresse sind – Glosse
Ich, Menschenfeind
Intro – Rechtsabbieger