Dix geht immer, und das zu Recht. Otto Dix (1891-1969), der im frühen 20. Jahrhundert mehrere Stile mitgeprägt hat und als einer der wichtigen Chronisten seiner Zeit gilt, berührt mit seiner Malerei und Zeichnung auch heute noch. Seine kritische Malerei bringt innere Wahrheiten zum Ausdruck. Berühmt wurde er mit seinen Gesellschaftsporträts, und genau die stehen jetzt im Mittelpunkt der tollen Ausstellung in der Kunstsammlung NRW. Sie konzentriert sich auf die Zeit von Herbst 1922 bis Sommer 1925, als Otto Dix in Düsseldorf gelebt hat.
Es sind entscheidende Jahre für den jungen Künstler. Schon davor hat er in Düsseldorf seine künftige Frau kennengelernt. Auch findet er, der mittellos aus Dresden gekommen ist, Anschluss an den Kunstbetrieb, in dem er sich nun mit den Künstlern der Avantgarde im Rheinland austauscht. So stellt er in der Galerie von „Mutter Ey“ in der Düsseldorfer Altstadt aus. Weiterhin entwickelt er hier, eingeschrieben an der Kunstakademie, seine handwerklichen Fähigkeiten zur altmeisterlichen Lasurtechnik weiter. Dix bringt die Bilder zum Leuchten und verbindet Eleganz mit erschreckender Drastik. Jede Krümmung der Finger ist zu sehen, die Falten der Haut sind betont. Im Rheinland stellen sich die Porträtaufträge ein, die ihm ermöglichen, so zu malen wie er will: milde oder „veristisch“ die Schwächen aber auch Stärken seiner Modelle intensivierend. Und er malt, in diesen Jahren selbst der Boheme zuzurechnen, die Barbesucher, Literaten und Philosophieprofessoren ebenso wie die Fabrikbesitzer.
Dazu gibt es in der Düsseldorfer Ausstellung sensationelle Gemälde, etwa der sich rauschhaft entäußernden Tänzerin Anita Berber, des feinsinnigen Kunsthändlers Alfred Flechtheim, der rustikalen Johanna Ey oder des selbstbewusst präsenten Schauspielers Heinrich George. Wie aufmerksam und einfühlsam Otto Dix bei all dem ist, bestätigt – als Kontrastprogramm zu seinen Darstellungen der Weimarer Republik – sein berühmter Radierzyklus zum Ersten Weltkrieg (1924). Auch in diesem teilt der große Maler Wahrheiten mit, die noch heute gelten, leider.
„Otto Dix – Der böse Blick“ | bis 14.5. | Kunstsammlung NRW, K20 Düsseldorf | www.kunstsammlung.de
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen?
Als unabhängiges und kostenloses Medium ohne paywall brauchen wir die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser. Wenn Sie unseren verantwortlichen Journalismus finanziell (einmalig oder monatlich) unterstützen möchten, klicken Sie bitte hier.
Tiefgründige Leichtigkeit
Marc Chagall in der Düsseldorfer Kunstsammlung NRW – Kunst in NRW 05/25
Sonderfall der Moderne
Marc Chagall in der Düsseldorfer Kunstsammlung NRW
Am Anfang der Abstraktion
Hilma af Klint und Wassily Kandinsky in Düsseldorf – Kunst in NRW 05/24
Puls des Lebens
Chaïm Soutine im K20 in Düsseldorf – Kunst in NRW 12/23
Farben des Lichts
Etel Adnan im K20 in Düsseldorf – Kunst in NRW 05/23
Bäume und Linien
Piet Mondrian in Düsseldorf – Kunst in NRW 01/23
Zeitgeschichte als Skulptur
Reinhard Mucha in der Kunstsammlung NRW – Kunst in NRW 11/22
Himmel und Erde
„Lygia Pape – The Skin of All“ in Düsseldorf – Kunst in NRW 05/22
Abstraktion der Geschwindigkeit
Georges Braque's Kubismus in Düsseldorf – Kunst in NRW 11/21
Ein neuer Blick auf die Kunst
Eine „ex-zentrische Moderne“ in Düsseldorf – Kunst in NRW 02/19
Seltene Technik
Anni Albers im K20 in Düsseldorf – Ruhrkunst 08/18
Zwei Farben
Carmen Herrera in Düsseldorf – Kunst in NRW 03/18
Nachtspaziergang im Keller
„Light-Land-Scapes“ in Unna – Ruhrkunst 07/25
Viel zu tun
RUB-Sammlungen im MuT Bochum – Ruhrkunst 07/25
In der Kunstküche
„Am Tisch“ und Medienkunst im Dortmunder U – Ruhrkunst 06/25
Women first!
Judy Chicago in Recklinghausen – Ruhrkunst 06/25
Bewegung und Berührung
Eva Aeppli und Jean Tinguely in Duisburg – Ruhrkunst 05/25
Einflüsse verschmelzen
Nadira Husain im Kunstmuseum Gelsenkirchen – Ruhrkunst 05/25
Nudel, Mops und Knollennase
Loriot in der Ludwiggalerie Schloss Oberhausen – Ruhrkunst 03/25
Hannibal, ungeschönt
Latefa Wiersch im Dortmunder Kunstverein – Ruhrkunst 03/25
Gewebt, geknüpft, umwickelt
Sheila Hicks in Bottrop – Ruhrkunst 02/25
Wovon Bunker träumen
„Radical Innovations“ in der Kunsthalle Recklinghausen – Ruhrkunst 02/25
Auf Augenhöhe
Deffarge & Troeller im Essener Museum Folkwang – Ruhrkunst 01/25
Runter von der Straße
Graffiti-Künstler im Märkischen Museum Witten – Ruhrkunst 01/25
Die Dinge ohne uns
Alona Rodeh im Kunstmuseum Gelsenkirchen – Ruhrkunst 12/24