Kinokalender
Mo Di Mi Do Fr Sa So
18 19 20 21 22 23 24
25 26 27 28 29 30 31

12.607 Beiträge zu
3.830 Filmen im Forum

Arne Nobel Lässt Shakespeare und Dylan Thomas lebendig werden
Fotos: Dominik Lenze

Begeisterung auf allen Bewusstseinsebenen

30. November 2015

B-Bande liest „So Nette“ im Wassersaal der Stadtwerke – Literatur 11/15

Der Himmel ist schwarz und blind – zumindest für Dylan Thomas, seines Zeichens Trinker, Frauen-Antiheld, Schriftsteller und nebenbei Namensgeber für Bob Dylan. Das 1953 verstorbene Enfant Terrible der englischen Literatur ist wieder lebendig geworden, dank der Stimme von Arne Nobel und Karsten Riedels Musik.

 

Zumindest für diesen Abend im Wassersaal in Bochum-Stiepel: Die chic eingerichteten Katakomben glimmen in blauem Licht und sanftem Kerzenschein, es sieht mehr nach Séance als nach Lesung aus. Aber was Nobels B-Bande bietet, ist sowieso mehr Rauscherfahrung als gewöhnliche Lesung: „Thomas' Texte wirken auch auf anderen Bewusstseinsebenen“, sagt Nobel über den dichtenden Proto-Rockstar. Dem werden die beiden Künstler gerecht – bei ihrer ersten Zusammenarbeit seit der Johnny-Cash-Inszenierung vor acht Jahren und ohne nennenswerte Proben.

Karsten Riedel gibt Shakespeares Sonetten eine Stimme

Neben Dylan Thomas wurde auch William Shakespeare posthum in die B-Bande aufgenommen: Dessen Sonette vertont Riedel mal als romantischen Love-Song, dann wieder als hysterische Zirkusnummer: Nobel wirft mit Luftschlangen und Konfetti, die Welt ist eitel Kerzenschein. Dann der Bruch: Zwei Liebesbriefe von Dylan Thomas, der eine an seine Frau, der nächste an eine seiner Geliebten: „Ich werde niemals zulassen, dass wir erwachsen werden“, spricht Thomas mit der Stimme von Arne Nobel. Riedel begleitet das mit lieblichen Pianoklängen, Nobel spielt nervös mit seiner Zigarette rum – ist es der Schauspieler, der gerade Schmacht hat, oder der szenisch wiederbelebte Thomas?

Schwarzer Himmel, bunte Blätter: Nobel und Riedel im Rausch der Inszenierung

„Lass uns für immer jung und verrückt bleiben!“ – Live fast, die young: Lange vor Jim Morrison & Co. lebte Dylan Thomas die Rockstar-Attitüde bis zur letzten Konsequenz. Wer weiß, dass der Autor früh an seinen Exzessen zu Grunde ging, spürt, wie sich die Nackenhaare aufrichten. Aber Nobel und Riedel schwelgen in Thomas' Ekstase: auf einem Instrumental wie von einem „The Doors“-Album singen sie sein Gedicht „Country Heaven“: „Heaven is blind and black“ und die Luftschlangen auf dem Boden verspotten die fröhliche Selbstzerstörung im fahlen Licht der Kerzen. Aber sie fühlt sich so gut an, hört sich so verführerisch an, man möchte nicht runterkommen von diesem Rausch. Komm, noch ein letzter Schluck, auf dass wir immer jung und verrückt bleiben. Und noch ein letzter Schluck, auf den schönen, schwarzen Himmel.

Dominik Lenze

Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen?
Als unabhängiges und kostenloses Medium ohne paywall brauchen wir die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser. Wenn Sie unseren verantwortlichen Journalismus finanziell (einmalig oder monatlich) unterstützen möchten, klicken Sie bitte hier.

Neue Kinofilme

Was ist Liebe wert – Materialists

Literatur.