Gilles (beeindruckend: Nahuel Pérez Biscayart) ist ein französischer Jude, der 1942 von den Nationalsozialisten verhaftet wird. Durch einen Zufall kann er sich als Perser ausgeben und damit der Exekution entgehen. Ein deutscher Offizier (süffisant: Lars Eidinger) will Farsi lernen, weil er nach dem Krieg in Teheran ein Restaurant eröffnen möchte. Nun muss Gilles ihm eine Sprache beibringen, die er selbst gar nicht spricht, weswegen er rasch an seine Grenzen stößt. Der auf tatsächlichen Vorkommnissen basierende Film „Persischstunden“ ist gleichermaßen originell wie humanistisch, und in Vadim Perelmans Inszenierung auch höchst spannend. Hier wird ein „Film gegen das Vergessen“ durch einen Kniff zu einem „Film des Erinnerns“, der lange nachwirkt.
Die Straßenhündin Laika wurde 1957 als erstes Lebewesen ins Weltall geschickt und starb im All, bevor sie beim Wiedereintritt in die Erdumlaufbahn verglühte. Eine Legende sagt, dass sie seitdem als Geist über Moskaus streunende Hunderudel wacht. Die Filmemacher Elsa Kremser und Levin Peter begeben sich in „Space Dogs“ auf eine poetische Reise durch Moskau, begleiten ein streunendes Hunderudel bei ihren Streifzügen durch ungewöhnliche Orte der Metropole und lassen ihren Blick auf die Menschen und ihre Zivilisation erahnen – mal zärtlich, oft brutal und komplett ungeschönt. Oft funktionieren die Beobachtungen auch als Analogie auf das Menschsein. Angereichert werden die dokumentarischen Aufnahmen mit russischen Archivbildern der Raumfahrt und der Ausbeutung von Tieren in der Raumfahrt.
Verfilmungen von Dickens‘ Klassiker gibt es gut im Dutzend. Meist eher düster und im TV-Serienformat, um der schieren Figurenfülle und komplexen Handlung gerecht zu werden. Armando Iannucci („The Death of Stalin“) ist das in „David Copperfield - Einmal Reichtum und zurück“ alles herrlich wurscht: Er bringt die Memoiren des Schriftstellers Copperfield als fröhlich versponnenes Episodenspektakel ins Kino. „Lion“-Star Dev Patel brilliert als David, dessen Adoleszenz von Weggefährten wie dem bösen Stiefvater (Darren Boyd), einer durchgeknallten Tante (Tilda Swinton), deren Mitbewohner (Hugh Laurie) und dem schmierigen Uriah Heep (Ben Wishaw) gebeutelt wird. Auch wenn die Tiefe der Figuren und Teile des Plots im rasanten Tempo mitunter verlorengehen: Der Cast, die mit Bild- und Zeitebenen jonglierende Regie und der Unterhaltungsfaktor sind atemberaubend.
Außerdem neu in den Ruhr-Kinos: Faraz Shariats mitreißende Dreiecksgeschichte „Futur Drei“, Roger Michells tragikomisches Familiendrama „Blackbird – Eine Familiengeschichte“, Katrin Gebbes starkes Mutter-Kind-Drama „Pelikanblut – Aus Liebe zu meiner Tochter“, Nick und Chris Riedells Sexkomödie „Brave Mädchen tun das nicht“ und Toby Genkels und Sean McCormacks Animationsabenteuer „Ooops! 2 – Land in Sicht“.
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen?
Als unabhängiges und kostenloses Medium ohne paywall brauchen wir die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser. Wenn Sie unseren verantwortlichen Journalismus finanziell (einmalig oder monatlich) unterstützen möchten, klicken Sie bitte hier.

Szenen einer Ehe
Die Filmstarts der Woche
Vom Olymp in den Hades
Planet of Zeus in Bochums Trompete – Musik 11/25
Die Liebe und ihre Widersprüche
„Tagebuch einer Trennung“ von Lina Scheynius – Textwelten 11/25
Kinder verkünden Frieden
Das Projekt „Education for a Culture of Peace“ – Europa-Vorbild: Zypern
„Liebe auf den ersten Blick“
Sebastian Lang-Lessing ist neuer Generalmusikdirektor am Theater Hagen – Interview 11/25
Fluxus trifft Free Jazz
Konzertreihe Klangbilder im Kunstmuseum Bochum – Musik 11/25
„Bei Fluxus ging es nicht ums Genie“
Direktorin Julia Lerch Zajączkowska über „How We Met“ im Kunstmuseum Bochum – Sammlung 11/25
Inmitten des Schweigens
„Aga“ von Agnieszka Lessmann – Literatur 11/25
Streiken statt schießen
Teil 1: Leitartikel – Das im Kalten Krieg entwickelte Konzept der Sozialen Verteidigung ist aktueller denn je
Motor mit edlem Klang
Dave Holland in der Essener Philharmonie – Improvisierte Musik in NRW 11/25
Mit dem Rotstift ans Kino
Förderkürzungen bedrohen die Filmfestivals im Ruhrgebiet – Vorspann 11/25
Zu den Wurzeln des Punk
11. Electri_City Conference in Düsseldorf – Musik 10/25
Dystopie und Apathie
Jahreskolloquium im Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung – Spezial 10/25
Mut zum Nein
„Nein ist ein wichtiges Wort“ von Bharti Singh – Vorlesung 10/25
„Subjektive Wahrnehmung ist verboten“
Regisseurin Jette Steckel über „Das große Heft“ am Bochumer Schauspielhaus – Premiere 10/25
Was Menschen sehen wollen
Diskussion am KWI Essen über Kunsterfahrung und Selfiekultur – Spezial 10/25
Das selbsternannte Volk
„Die Nashörner“ am Düsseldorfer Schauspielhaus – Prolog 10/25
Alle Fenster auf
Brown Horse in der Haldern Pop Bar – Musik 10/25
Nicht mehr wegzudenken
Das Wuppertaler Jazzmeeting 2025 – Musik 10/25
Wahre Geschichten
William Kentridge im Museum Folkwang Essen – kunst & gut 10/25
Kindheitserinnerungen
„Geheimnis“ von Monika Helfer und Linus Baumschlager – Vorlesung 10/25
Offene Erwartungen
Das „Rheingold“ an der Oper Köln – Oper in NRW 10/25
Angenehm falsch
„Wiener Blut“ am Essener Aalto-Theater – Oper in NRW 10/25
„Ich wollte mich auf eine Suche nach Kafka begeben“
Regisseurin Agnieszka Holland über „Franz K.“ – Gespräch zum Film 10/25
Im Rausch der unerhörten Klänge
Beyond Dragons im Dortmunder Domicil – Musik 10/25