„Film+“ - was kann das sein? Kino mit Mehrwert, vielleicht Aroma-Kino? Es ist ein Filmfestival, allerdings ein eher ungewöhnliches. „“Film+“ legt ebenso wie das eine Woche zuvor stattfindende „Soundtrack_Cologne“- Festival den Fokus auf einen einzelnen Produktionsaspekt von Film, der für gewöhnlich wenig Beachtung findet. Ist es bei Soundtrack_Cologne die Filmmusik, stehen bei „Film+“ der Schnitt und die Montage im Zentrum des Interesses. Filmmusik und Schnitt ist gemein, dass sie häufig ihre Wirkung unbemerkt entfalten sollen. Gerade der Schnitt dient häufig der Aufgabe, ‚unsichtbar’ die Einstellungen eines Films miteinander zu verbinden (für Montage gilt das allerdings nicht, wie Harun Farocki einmal anmerkte: „Montage ist, wenn man es merkt, Schnitt, wenn man es nicht merkt“). Ein Festival, das sich mit Hilfe geladener Editoren dieser Kunst widmet, gleicht also ein wenig einem Treffen von Zauberern, die ihre Tricks verraten.
Preise wird es in diesem Jahr wieder für den besten Schnitt eines Spiel- und eines Dokumentarfilms geben, außerdem wird ein Förderpreis verliehen. Die Gewinner und die nominierten Beiträge werden natürlich in Screenings zu sehen sein. Die Hauptattraktion dürfte aber der erstmals verliehene Geißendörfer Ehrenpreis sein - beziehungsweise dessen diesjähriger Preisträger. Denn das ist niemand Geringeres als Peter Przygodda, einer der renommiertesten deutschen Cutter, oder wie man inzwischen lieber sagt - Editor. 40 Jahre lang hat er den deutschen Film mit seiner Schnittkunst geprägt und seinem Credo: „Schnitt sollte man nicht sehen“. Insbesondere die Filme von Wim Wenders, für den er bereits 13mal tätig war, sind getragen und strukturiert von seiner Arbeit. Bei seinem legendären „Can“-Film von 1972, einem Musikfilm aus der Kölner Sporthalle, bei der er auch ganz ungewöhnliche Bilder in das Konzert der Kölner Band einbrachte, führte er zudem Regie. Im Rahmen der Hommage werden die Filme „Die verlorene Ehre der Katharina Blum“ und „Alice in den Städten“ gezeigt, außerdem gibt es ein Werkstattgespräch mit Przygodda.
Daneben wird beim diesjährigen Festival das Verhältnis zwischen Schnitt und Filmkritik einen Schwerpunkt bilden. Das ist so naheliegend wie ungewöhnlich. Und für den Veranstalter von „Film+“, das Filmmagazin „Schnitt“, natürlich eine zweischneidige Angelegenheit - mindestens. Einerseits widmet man sich dem Schnitt als Kunstform, die zu wenig Würdigung erfährt. Andererseits sehen sich die Editoren ja selber als Arbeiter am Unsichtbaren. Dass das unscheinbare Ergebnis von Kritikern nur selten ausdrücklich Beachtung findet, und wenn, dann vor allem dann, wenn es eben nicht unscheinbar ist (also bei explizitem Stilwillen oder bei offensichtlichen Fehlern), möchte man ihnen kaum vorhalten. Auch nicht den Filmkritikern des „Schnitt“. Ein sicherlich spannendes und nicht einfaches Themenfeld voller Widersprüche.
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