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Foto: Sibylle Ostermann

„Rosa ist nicht so meine Farbe“

25. April 2013

Simone Fleck über Kabarett in Nord-, West- und Süddeutschland und das Älter-werden – Über Tage 05/13

trailer: Frau Fleck, ist das Ruhrgebiet lustig?
Simone Fleck: Das Ruhrgebiet hat einen sehr eigenen Humor, und das mag ich – er ist direkt und manchmal auch deftig. Da ich kreuz und quer durch die Republik toure, erlebe ich unterschiedliche Temperamente bei den Zuschauern. Der Schwabe oder auch die Schwäbin können zögerlich reagieren, in Rheinland-Pfalz wird während der Vorstellung der ein oder andere Weinkrug geleert, da geht es hemmungsloser zu. Westfälisches Publikum ist bekanntlich etwas ruhiger, aber wenn ich den Nerv treffe, haben wir richtig Spaß. Ich habe auch eine Schwäche für die gemütlichen Münsterländerinnen und Münsterländer. Dort bin ich gerne und oft. Wenn diese Menschen jemanden ins Herz geschlossen haben, sind sie ein treues Publikum.

Sie selbst sind ja keine gebürtige Ruhrgebietlerin?

​Simone Fleck
Foto: Sibylle Ostermann
Simone Fleck (57) ist Kabarettistin aus Dortmund

Nein, ich komme aus Bremerhaven. Die Bremerhavener sind bezüglich ihres Humors eher etwas schwergängig. Als ich 17jährig nach Dortmund kam, war ich zwar vom damals noch „grauen“ Ruhrgebiet nicht gerade begeistert, aber die Mentalität der Leute hat mir gut gefallen. Hier entstehen problemlos frische Kontakte. So habe ich auch zu meinen Kabarettwurzeln gefunden. Mit anderen Studenten probierte ich verschiedene, damals politische Spielformen aus. Später kamen Elemente des Improtheaters dazu, die entscheidend für mein Soloprogramm werden sollten. Eine furchbar-fruchtbare Zeit …(lacht)

Aber es gibt doch auch einen nordischen Humor: Heidi Kabel, Otto Waalkes, Mike Krüger …
Der ist bei mir im hohen Norden vorbeigeweht. Meine Mutter kam aus Bremerhaven, mein Vater aus Sachsen. Ich komm da mehr nach meinem Vater … rede gern viel.

Trotzdem hatten Sie auch eine norddeutsche Kunstfigur in Ihren Programmen?
Tante Irmgard? Sie taucht in meinen Programmen kaum noch auf. Ich habe den Dialekt ein wenig verlernt, bin jetzt doch mehr Dortmunderin. Tante Irmgard habe ich ersetzt durch Oma Wally aus dem Seniorenheim. So bin ich der demographischen Entwicklung und meinem eigenen körperlichen Alterungsprozess auf der Spur. Mit Oma Wally kann ich perspektivisch meine Rente aufbessern.

Bremerhaven ist nicht mehr Heimat?
Ich fühle mich schon lange als Dortmunderin, bin auch mit einem echten Dortmunder verheiratet. Das prägt! Einen Lieblingsspielort habe ich noch im Norden: Heiligenhafen. Dort spiele ich bereits seit zwanzig Jahren und genieße vor Ort diese Küstenatmosphäre.

Hat sich Ihr Humor im Laufe der Jahre gewandelt?
Ja. Als ich anfing, habe ich mich eher am Theater orientiert. Inzwischen gibt es den Begriff „Gagdichte“. Das Publikum ist durch die Medien an schnelle Gagfolgen gewöhnt. Ich habe mich dem auch teilweise angepasst. Während man früher eine Pointe langsam aufbauen konnte, kommt jetzt viel schneller ein Gag.

Welche Themen sind für Ihre Kabarettprogramme wichtig?
Nach wie vor betrachte ich die Welt natürlich aus Frauensicht. Noch hat sich die Gesellschaft nicht wirklich geändert. Frauen verdienen deutlich weniger als Männer, in Führungspositionen sind wir zu wenig vertreten, und auch in den Parteien kommen Frauen kaum zum Zug.

Ist Kabarett nach wie vor eine Männerdomäne?
Auf jeden Fall. Uns Kabarettfrauen bleibt da noch eine Menge Arbeit. Im Fernsehen werden vorrangig Männer präsentiert. Mario Barth sah ich vor vielen Jahren bei einem Wettbewerb in Schwelm. Ich fand ihn damals sehr witzig, aber er machte genau das, was wir Frauen schon lange Zeit zuvor gemacht haben. Die Unterschiede zwischen Frau und Mann sind lustig, und wir Künstlerinnen zeigen das seit dreißig Jahren. Früher mussten wir uns von Kollegen abwertende Kommentare anhören: „Ach, ihr Frauen mit eurem Beziehungskram!“ Heute sind viele Männer genau mit diesen Themen unterwegs, werden erfolgreich und brauchen sich keine blöden Kommentare anzuhören.

Die bekannteste lustige Frau in Deutschland ist Cindy aus Marzahn. Können Sie als Frau auf solch eine Kollegin stolz sein?
Rosa ist nicht so meine Farbe. Aber sie hat viele Fans, und zurzeit scheint es viele Menschen zu geben, die diese Art von Humor mögen. Solche Erscheinungen gibt es immer wieder. Figuren funktionieren, weil sie zur rechten Zeit am rechten Ort auftauchen.

Wie ist das Verhältnis zwischen den Kabarettistinnen und Kabarettisten im Ruhrgebiet?
Mit vielen Kollegen, auch außerhalb des Ruhrgebiets, habe ich guten Austausch.

Wie geht es dem Kabarett-Nachwuchs?
Den suche ich. In Heiligenhafen an der Ostsee moderiere ich im November den Kabarett-Wettbewerb „Lachmöwe“. Es winken 300 Euro Aufwandsentschädigung, freie Kost und Logis sowie ein Preisgeld von 1.000 Euro. Man kann sich jetzt noch bewerben.

Und was machen Sie so Neues?
Mein frisches Programm heißt: „Von Windeln verweht“. Es geht um die „Sandwich-Generation“. Kaum sind die Kinder der Spätgebärenden aus den Windeln geschlüpft, hüpfen die Eltern hinein. Auch aktuelle Themen interessieren mich, Umweltthemen wie zum Beispiel Gasförderung durch Fracking oder die Privatisierung der Trinkwasserversorgung. Und ganz wichtig finde ich das Thema Ernährung …

Ernährung ist ein lustiges Thema?
Zum Wiehern komisch!

INTERVIEW: LUTZ DEBUS

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