trailer: Herr Lange, Ist Lobbyismus per se mit Demokratie inkompatibel?
Timo Lange: Undemokratisch ist es, wenn einige wenige durch intransparente Einflussnahme und mit viel Geld im Rücken ihre Interessen zu Lasten der Allgemeinheit durchsetzen. Politische Interessenvertretung gehört zur Demokratie, aber wir brauchen klare Regeln und Schranken. Politik darf nicht käuflich sein.
Gibt es einen Unterschied zwischen Bürgerinitiativen und Lobbyisten?
Die Mitglieder von Bürgerinitiativen vertreten in der Regel ihre eigenen Interessen und nicht diejenigen von zahlenden Auftraggebern. Lobbyisten werden dafür bezahlt, bestimmte Anliegen durchzusetzen. Beiden gemein ist natürlich das Ziel, politische Entscheidungen zu beeinflussen.
Wie sieht Lobbyismus praktisch aus?
Wir beobachten immer mehr, wie Lobbyismus nicht nur die direkte Ansprache von politischen Entscheidern umfasst, sondern versucht wird, bestimmte Inhalte oder Argumentationen in der Gesellschaft insgesamt salonfähig zu machen. Die arbeitgeberfinanzierte „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ ist dafür ein bekanntes Beispiel. Mit einer groß angelegten Kampagne versucht die INSM momentan etwa, gegen Vermögenssteuer und Mindestlohn Stimmung zu machen.
Gibt es einen Unterschied zwischen dem Lobbyismus in Berlin und Brüssel?
In beiden „Hauptstädten“ sind Tausende von Lobbyisten jeden Tag damit beschäftigt, Informationen zusammenzutragen, Netzwerke zu bilden und Politiker zu treffen. An beiden Orten sehen wir professionelle Agenturen und Rechtsanwaltskanzleien, die im Kundenauftrag Lobbyarbeit betreiben. Die komplexen Politikprozesse in Brüssel sind für viele Menschen allerdings oft noch schwerer nachzuvollziehen, und vielen ist immer noch nicht bewusst, wie wichtig die Brüsseler Politik für uns auch im Alltag ist. Die schwach ausgeprägte europäische Öffentlichkeit und die relativ geringen eigenen Ressourcen der EU-Institutionen machen es Lobbyisten noch leichter, ihre Partikularinteressen durchzusetzen.
Seit Jahren ist „Transparenz“ ein fester Bestandteil des Politikvokabulars. Warum wird dennoch aus dem Umgang mit Lobbyisten ein solches Geheimnis gemacht?
Lobbyisten lassen sich nicht gerne in die Karten schauen, und viele Politiker scheuen sich davor, sich öffentlich für ihren Umgang mit Lobbyisten rechtfertigen zu müssen. Deshalb brauchen wir verbindliche Transparenzregeln. Das würde politische Entscheidungen nachvollziehbarer machen, und letztlich ist es gut, wenn öffentlich über Lobbyeinflüsse diskutiert wird.
Wird es in vier Jahren ein Lobbyregister für Deutschland geben?
Gute Frage! Das hängt durchaus vom Wahlausgang ab. Union und FDP haben in den letzten vier Jahren sehr deutlich gemacht, dass sie von einem Lobbyregister nichts halten. Aber auch die anderen Parteien müssen sich auf viel Gegenwind aus der Lobby-Szene einstellen, wenn sie ein verpflichtendes Lobbyregister durchbringen wollen.
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Ruhrparlament will Weichen für das Ruhrgebiet der Zukunft stellen
Erstmals Direktwahl des Ruhrparlaments
„Man wird ja nicht Politiker, weil einem sonst langweilig wäre“
Robert Zion über den Zustand der Demokratie – Thema 09/13 Welche Wahl
„Die Grenze zwischen legitim und korrupt ist fließend“
Marion Stein von Transparency International über Korruption – Thema 09/13 Welche Wahl
„Jedes Land macht sein eigenes Europa“
„Kursbuch“-Herausgeber Armin Nassehi über die europäische Öffentlichkeit – Thema 09/13 Welche Wahl
Schlechte Gesellschaft
Christoph Butterwegge über Politik und Entpolitisierung – Thema 09/13 Welche Wahl
Qualtag?
Die Bundestagswahl ist diesmal keine Schicksalswahl – THEMA 09/13 WELCHE WAHL
„Die Diskussion steht mir bis hier“
Im exklusiven trailer-Sommerinterview spricht die fast originale Angela Merkel über heikle Themen – Thema 09/13 Welche Wahl
Leider verwählt ...
Über Talkshows, Hütchenspiele und frisch gepresste Thronfolger – Thema 09/13 Welche Wahl
Die fast außerparlamentarische Opposition von Mülheim
Als Partei möchte sich die MBI nicht verstanden wissen – Thema 09/13 Welche Wahl
„Wir benötigen verlässliche Rahmenbedingungen“
Thomas Jorberg zum Engagement der GLS-Bank an dem Generationenmanifest – Thema 09/13 Welche Wahl
„Nicht nur ärztliche, sondern auch politische Entscheidung“
Teil 1: Interview – Psychiater Mazda Adli über Ängste infolge des Klimawandels
„Psychische Erkrankungen haben nichts mit Zusammenreißen zu tun“
Teil 2: Interview – Psychologe Jens Plag über Angststörungen
„Das Gefühl, dass wir den Krisen hinterherjagen“
Teil 3: Interview – Miriam Witz von Mein Grundeinkommen e.V. über Existenzängste und Umverteilung
„Ausstrahlung ist mehr als die äußere Erscheinung“
Teil 1: Interview – Psychoanalytikerin Ada Borkenhagen über Schönheitsoperationen
„Sport wird instrumentalisiert, um positive Emotionen zu empfinden“
Teil 2: Interview – Sportpsychologin Jana Strahler über Sportsucht
„Schönheit ist ein zutiefst politisches Thema“
Teil 3: Interview – Kulturwissenschaftlerin Elisabeth Lechner über Schönheitsdruck
„Wie eine Allergie, die keine ist“
Teil 1: Interview – Allergologin Petra Zieglmayer über den Umgang mit Histaminintoleranz
„Meine Freiheit als Rezipient wird vergrößert“
Teil 2: Interview – Kunsthistoriker Wolfgang Ullrich über Triggerwarnungen in Kunst und Kultur
„Solche Tendenzen sind nicht angeboren“
Teil 3: Interview – Sozialpsychologin Fiona Kalkstein über Autoritarismus und Demokratiefeindlichkeit
„In ihrer jetzigen Form hat Demokratie keine Zukunft“
Teil 1: Interview – Soziologe Robert Jende über eine Politik jenseits von Parteizugehörigkeit
„Problematisch, wenn sich Kritik auf Demokratie an sich richtet“
Teil 2: Interview – Politikwissenschaftler Sven T. Siefken über den Zustand der Demokratie
„Viele Menschen haben das Gefühl, sie werden nicht gehört“
Teil 3: Interview – Medienforscherin Dorothée Hefner über Vertrauen in politische Berichterstattung
„Dieses falsche Gesellschaftsbild korrigieren“
Teil 1: Interview – Philosoph Jan Skudlarek über Freiheit und Gemeinwohl
„Gier ist eine Systemeigenschaft im Finanzsektor“
Teil 2: Interview – Soziologe Sighard Neckel über Maßlosigkeit im Kapitalismus
„Die Klimakrise rational zu begreifen reicht nicht“
Teil 3: Interview – Neurowissenschaftler Joachim Bauer über unser Verhältnis zur Natur