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Foto: Mira Moroz

Kriegseuphorie

18. Dezember 2013

André Wilger über die Auswirkungen des Ersten Weltkrieges – Thema 01/14 Krieg

trailer: Herr Wilger, welche Bedeutung hatte das Ruhrgebiet für den Ersten Weltkrieg?
André Wilger:
Der Erste Weltkrieg war der erste „industriell geführte“ Krieg bei dem das erste Mal schweres Kriegsgerät eingesetzt wurde. Auch der Einsatz von Giftgas war neu. Die Kriegsgegner versuchten, durch Materialschlachten einen Sieg zu erringen. Dieses Material wurde zu einem großen Teil im Ruhrgebiet, beispielsweise bei Krupp in Essen, produziert.

Welche Auswirkungen hatte der Krieg auf das Ruhrgebiet?

André Wilger
Foto: privat
André Wilger (51) ist Historiker bei der Geschichtswerkstatt Oberhausen e.V.

Zunächst wurde der Krieg wie überall im Land von der Mehrheit der Menschen hier verherrlicht. Es gab eine regelrechte Kriegseuphorie. Nach den ersten verlorenen Schlachten, dem quälenden Stellungskrieg mit vielen Todesopfern und der schlechter werdenden Versorgungslage der Bevölkerung änderte sich die Stimmung. Es setzte Kriegsmüdigkeit ein. Im letzten Kriegsjahr gab es Streiks und Demonstrationen mit Hunderttausenden Beteiligten, auch im Ruhrgebiet, die unter dem Motto „Frieden und Brot“ ein Ende des Krieges forderten.

Anders als im Zweiten Weltkrieg blieb die Zivilbevölkerung aber verschont?
Es gab in Oberhausen keine Bombenangriffe im Ersten Weltkrieg. Aber infolge des so genannten Steckrübenwinters 1916/17 und weiterer Notlagen starben viele Menschen an den Folgen von Hunger und Unterernährung. Experten sprechen alleine von 800.000 Toten deswegen in Deutschland. Insgesamt kamen fast 8 Millionen Zivilisten in diesem Krieg um.

Welche politischen Auswirkungen hatte der Krieg?

Während des Krieges spaltete sich die SPD, mit der Spartakusgruppe, der späteren USPD, entstand eine linksradikale Absplitterung. Letztlich führte der Erste Weltkrieg dazu, dass nach Abdankung des Kaisers Deutschland Republik wurde.

Erinnert heute im Stadtbild von Oberhausen noch etwas an die Zeit zwischen 1914 und 1918?
Relativ wenig. Wir haben Kriegsgräberstätten, beispielsweise auf dem Westfriedhof in Lirich und der Name „Langemarckstraße“ erinnert an eine Schlacht im 1. Weltkrieg.

Europa hat sich seit 1914 verändert?
Natürlich, ein Krieg zwischen Deutschland, England und Frankreich ist inzwischen undenkbar. Dies ist unter anderem der Europäischen Union zu verdanken, die ja nicht nur wirtschaftlich, sondern auch politisch eine Annäherung der ehemaligen Kriegsgegner erreichte. Es geht bei der Europäischen Einigung eben nicht nur um die Norm für die richtige Gurkenform. Das gerät bei tagesaktuellen Diskussionen oft leider in Vergessenheit.

Interview: Lutz Debus

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