In der Gastronomie und am heimischen Herd erfreuen sich regionale Produkte und Rezepte größter Beliebtheit. In der Kunst und damit auch in der Musik halten sich die Freunde der schönen Künste eher an den Evangelisten Markus: Der Prophet gilt nichts im eigenen Land. In Dortmund regt sich jetzt eine Aktion, die in einem großen Spektakel an einen regional bedeutenden und in seiner Zeit auch von hochgestellten Kennern sehr geschätzten Komponisten nicht nur erinnern soll, sondern seine wenigen überlieferten Werke dem Vergessen entreißen will.
Es geht um den völlig unbekannten Daniel Friedrich Eduard Wilsing, der als Urenkel eines Dortmunder Marienkantors 1809 in Hörde geboren wurde. Seine Ausbildung erlebte der Hörder Junge in Wesel, Dortmund, Soest und wesentlich in Berlin, seiner Wahlheimat. 1834 bereits an der Spree, erhielt Wilsing beim selben Lehrer wie Felix Mendelssohn Kompositionsunterricht. Mendelssohn war eng mit Robert Schumann verbandelt, und dieser erlebte angeblich selbst eine Aufführung der jetzt in Dortmund anstehenden Psalmen-Komposition „De Profundis“, eines riesigen Chorwerks. Schumann: „Von aller geistlichen neuen Musik, die ich kenne, wüsste ich nichts, was diesem zu vergleichen wäre. Der Künstler ist, der Höhe seiner Musik nach, ein zu fest gegründeter Geist, als dass ihm das Urteil der Welt etwas anhaben könnte.“
Wilsing widmete sie Friedrich Wilhelm IV. und wurde von diesem mit der goldenen Kunst- und Wissenschafts-Medaille ausgezeichnet. „Es gehört zu den größten und gewaltigsten Meisterwerken, die unsere Zeit hervorgebracht hat“, lobte wohl Schumann, der zu dieser Zeit bereits am Rhein residierte und in Düsseldorf wirkte, inklusive seines traurigen Endes in einer Heilanstalt in Endenich. Auch Wilsing ereilte – aber erst im Alter – eine schwere geistige Erkrankung. Zuvor hatte der nachweislich menschenscheue Komponist, der „sein Leben lang sein Licht unter den Scheffel stellte“, so ein Biograf zum 100. Geburtstag, viele Werke und alle persönlichen Papiere vernichtet. Das war hinreichend wirkungsvoll, um ihn und sein vielversprechendes Werk für eine Zukunft auszulöschen.
Als Kontrast zu dem monumental-blockhaften Chorwerk musizieren die heimischen Kräfte „Die erste Walpurgisnacht“ von Mendelssohn, ein filigraner besetztes dramatisches Chorwerk mit Solisten von einem Komponisten, dessen Musik aus rassistischen Gründen ausgeblendet werden sollte. Die Welt hat dies nicht zugelassen.
„De Profundis“ | Dortmunder Bachchor, Musikverein Dortmund, Dortmunder Oratorienchor, Konzertchor Klangfarben, Kammerchor der TU Dortmund, Bach Chor Hagen, Dortmunder Philharmoniker, Gabriel Feltz, Dirigent | Sa 11.6. 20 Uhr | Konzerthaus Dortmund | 0231 22 696 200
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