Trotz seines leicht kryptischen Namens Royal Concertgebouw Orchestra hat sich das Spitzenensemble aus Amsterdam als eines der besten der Welt etabliert. Holland ist nicht nur für Alte Musik ein nahrhafter Boden, auch im sinfonischen Bereich bietet das Hauptstadtorchester weltweit exzellente Programme. Eine Spezialität ist auch der rein französische Abend aus gängigen Hits für das Konzerthaus Dortmund. Die Zusammenstellung ist ein echter Knaller: Programmmusiken aus der Feder Claude Debussys rahmen die beiden Klavierkonzerte von Ravel, interpretiert vom Shootingsstar Yuja Wang.
Zurück zum Orchester: Angeblich bestimmt der Große Saal im namensgebenden Gebäude, eröffnet 1888, den spezifischen Klang des Orchesters. Die rund 120 Musiker müssen daheim sehr die Ohren spitzen, um die relativ breit aufgestellten Kollegen zu hören und auf sie reagieren zu können: Das bewirkt eine kammermusikalische Spannung, einerseits Homogenität, andererseits Transparenz.
Sieben Chefdirigenten in 135 Jahren sprechen für eine kontinuierliche Arbeit, Willem Mengelberg leitete 50 Jahre lang sein Orchester. Im letzten Jahr wurde für 2027 Klaus Mäkelä ausgerufen, er leitet auch die aktuelle Tournee. Der 1966 geborene Finne, der mit 22 Jahren Chefdirigent in Oslo wurde, weil er mit zwölf schon beim legendären Maestro-Macher Jorma Panula dirigieren durfte, legt eine sagenhafte Karriere hin. Seit zwei Jahren ist er auch Chef des Orchestre de Paris, er schnuppert also regelmäßig Luft an der Seine und lebt mit typisch französischem Orchesterklang.
Dieses Training prädestiniert den Norden für Debussys Tongemälde mit dem „Prélude zum Nachmittag eines Fauns“ und den wogenden Wellen von „La Mer“, natürlich aber auch für die Instrumentationskunst eines Maurice Ravel. Dieser schrieb, obwohl selbst tüchtiger Pianist, erst im vorgerückten Alter ein Klavierkonzert für Paul Wittgenstein, den Bruder des Philosophen. Paul hatte im Krieg den rechten Arm verloren, Ravel schrieb ihm ein „Konzert für die linke Hand“ – alles andere als eine beschränkte Komposition, gewürzt mit jazzigen Elementen. Die Chinesin Yuja Wang, zum Jahresbeginn in New York mit einem Rachmaninow-Marathon in der Carnegie Hall, nimmt im zweiten Teil die rechte Hand dazu für Ravels G-Dur Konzert: ein deftiger Ravel-Marathon für Dortmund also.
Klaus Mäkelä, Yuja Wang & Concertgebouw Orchestra | Di 26.9. 19 Uhr | Konzerthaus Dortmund | 0231 22 69 62 00
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