Ein paar Mal „Carmen“ an der Oper, dann ein publikumsnahes Festkonzert mit den „Carmina burana“, im neuen Jahr Neustart mit Wagner und Strauss – besser kann es für den aktuellen Generalmusikdirektor und besonders für den taufrischen Gürzenich-Kapellmeister in Köln kaum laufen. Der kolumbianische Wahlwiener Andrés Orozco-Estrada kann die Menschen begeistern – mit seinem ungebremsten Temperament am Dirigierpult und der Nähe zu seinem Orchester, mit dem er sichtlich Freude hat.
Mit zwanzig Jahren kam der Musiker vom Studium in Bogotá nach Wien. Das war eine kluge Entscheidung, im Mekka der klassischen Musik war gerade ein neuer Stil in Mode gekommen, weg vom akademischen Grundschlag hin zur ungebremsten emotionalen Geste als Jungbrunnen für neue Fahrweisen imklassischen Fahrwasser. Der langfristig wegfallende Seniorenanteil am Normalpublikum sollte ersetzt werden können, keine einfache Aufgabe für das Management städtischer Orchester. Ein Rezept kann ein engagierter Dirigent sein, der sich und die „seinen“ niemals schont und keine Routinekennt.
„Ich spüre die Freude und Neugier im Orchester“, verkündete Orozco-Estrada bei der Vorstellung der ersten Spielzeit. Zur Befriedigung dieser Aufregung wählt der Chef einen klugen Ansatz, in dem er auf die musikalische Kernkompetenz des Orchesters setzt, um die persönliche Bindung zu diesem sehr geschätzten Klangkörper aufzubauen. Und die Musiker:innen können am besten auf vertrautem Terrain erkennen, ob etwas Neues entsteht und ob der Weg gefällt.
In den Abonnentenkonzerten stellt sich der Dirigent zusätzlich dem Stammpublikum, die den Sound des Orchesters genau kennen, in unserem Fall den Klang der Literatur aus der Feder von Richard Strauss. Aber auch mit Wagner ist der Gürzenich-Opernfreund bestens bekannt, hier hilft die Sopranistin Christiane Karg, eine weltgereiste Künstlerin für Bühne und Konzertsaal – für höchstes Niveau dürfte also gesorgt sein.
Eine deutsche Erstaufführung der englischen Komponistin Ayanna Witter-Johnson steht auch noch an, die Musikgeschichte soll ja weitergeschrieben werden. Sie entführt völlig ohne Genre in einem kurzen Orchesterstück in die Zukunft – wie meist ins Ungewisse.
Lebensrätsel | 25., 26., 27.1. | Kölner Philharmonie | 0221 28 02 80
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