Dem Himmel nah, könnte sich der Besucher fühlen, der im Hagener Osthaus Museum im vierten Stock den Fahrstuhl verlässt. Zumindest hat er die Ausstellung von Jongsuk Yoon gefunden. Die in Südkorea geborene, seit 20 Jahren in Düsseldorf lebende Malerin nennt ihre Präsentation „Sansui“ („Berge und Wasser“), obwohl – eigentlich sind die Berge und das Wasser auf den Bildern formal erst einmal nicht zu entdecken. Informelle Strukturen treffen auf meditative Formensprache, so könnte man analysieren, wenn da nicht doch hier und da ein klitzekleines Element einer Art verträumter Gegenständlichkeit aufblitzen würde. „Ich folge meinen Gedanken und Gefühlen.“ So einfach kann die Haltung einer Künstlerin sein, die ausgerechnet bei Fritz Schwegler in Düsseldorf Meisterschülerin war und versucht, nach ihrer amüsierten Stickbildphase nun europäische Maltradition mit asiatischer zu verbinden, ohne dabei eine ungenießbare Melange zu produzieren.
Ansehnlich sind die Arbeiten, im positiven Sinne, sehen muss man sie, nur mit dem Hineinfühlen in die Gedankenwelt der Künstlerin wird der Betrachter seine Mühe haben. Nehmen wir den „Winter“ (Öl auf Leinwand, 2015). Das Bild ist dunkel, eine fleischfarbene Fläche sticht ins Auge, eine figürliche Ahnung schwebt zwischen der landschaftlichen Drohung der kalten Jahreszeit. Nicht anders in „Mind Landscape“ von 2012 (auch Öl auf Leinwand), obwohl hier Assoziationen asiatischer Tuschezeichnungen die farbigen Klänge erzeugen. Florales und eine winzige Hütte mit blauem Dach? Vielleicht, vielleicht aber auch nicht. Vielleicht ist es auch nur die Rhythmik eines ziellosen Pinselstrichs der uns diese Wahrnehmung vorgaukelt. Seit drei Jahren verfolgt die Künstlerin diesen Weg, fast geräuschlos malerische Klangformen zu setzen, die sich nur sehr langsam auf der Fläche verdichten, wie flüchtige Gedanken, mal hier, mal da, und schon wieder weg, bis sich dann doch ein schemenhaftes Abbild herauskristallisiert, dessen Funktion nicht mehr verstanden werden muss. Wie der Titel schon preisgibt. Es gibt viel zwischen Bergen und Wasser.
„Yangsuk Yoon – sansui“ | Osthaus Museum Hagen | bis 8.11. | 02331 207 31 38
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen?
Als unabhängiges und kostenloses Medium ohne paywall brauchen wir die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser. Wenn Sie unseren verantwortlichen Journalismus finanziell (einmalig oder monatlich) unterstützen möchten, klicken Sie bitte hier.
In der Verlängerung
Hagener Osthaus Museum erfindet sich neu
Vom Laufen und Stehen
Jan Meyer-Rogge im Osthaus Museum Hagen – kunst & gut 06/24
„Das kann einem einen kalten Schauer bringen“
Direktor Tayfun Belgin über die Gottfried Helnwein-Ausstellung im Osthaus Museum Hagen – Sammlung 04/24
Das beste Licht der Welt
Heinz Mack im Osthaus Museum in Hagen – kunst & gut 07/23
Die anderen Werke
Sammlungspräsentation im Osthaus Museum Hagen – kunst & gut 04/23
„Dimensionen, wie man sie bei uns nicht findet“
Tayfun Belgin über „Labyrinths of Love“ im Osthaus Museum Hagen – Sammlung 10/22
Der Mensch mit der Natur
Karl Ernst Osthaus-Preisträger Sven Kroner in Hagen – kunst & gut 10/22
Splitter der Heimat
Assadour im Osthaus Museum in Hagen
– kunst & gut 04/22
Natur in Unruhe
Mally Khorasantchi im Osthaus Museum Hagen – kunst & gut 03/22
Aus der Stadt Hagen
Ein kulturgeschichtlicher Einblick im Osthaus Museum Hagen
Ping Pong mit der Geste
Zwei „Junge Wilde“ mit Gemeinschaftsarbeiten im Osthaus Museum Hagen – kunst & gut 08/21
Mitten im Leben
Hyperrealistische Skulpturen im Osthaus Museum Hagen – kunst & gut 11/20
Nachtspaziergang im Keller
„Light-Land-Scapes“ in Unna – Ruhrkunst 07/25
Viel zu tun
RUB-Sammlungen im MuT Bochum – Ruhrkunst 07/25
In der Kunstküche
„Am Tisch“ und Medienkunst im Dortmunder U – Ruhrkunst 06/25
Women first!
Judy Chicago in Recklinghausen – Ruhrkunst 06/25
Bewegung und Berührung
Eva Aeppli und Jean Tinguely in Duisburg – Ruhrkunst 05/25
Einflüsse verschmelzen
Nadira Husain im Kunstmuseum Gelsenkirchen – Ruhrkunst 05/25
Nudel, Mops und Knollennase
Loriot in der Ludwiggalerie Schloss Oberhausen – Ruhrkunst 03/25
Hannibal, ungeschönt
Latefa Wiersch im Dortmunder Kunstverein – Ruhrkunst 03/25
Gewebt, geknüpft, umwickelt
Sheila Hicks in Bottrop – Ruhrkunst 02/25
Wovon Bunker träumen
„Radical Innovations“ in der Kunsthalle Recklinghausen – Ruhrkunst 02/25
Auf Augenhöhe
Deffarge & Troeller im Essener Museum Folkwang – Ruhrkunst 01/25
Runter von der Straße
Graffiti-Künstler im Märkischen Museum Witten – Ruhrkunst 01/25
Die Dinge ohne uns
Alona Rodeh im Kunstmuseum Gelsenkirchen – Ruhrkunst 12/24