Thomas Vinterbergs neues Meisterwerk „Der Rausch“ erhielt nach vier Europäischen Filmpreisen auch den Auslands-Oscar. Die Geschichte klingt zunächst wie „Das Fest 2.0“: Vier Lehrer einer Schule wollen dem Verdruss des Alltags begegnen. Basis ihres Experiments ist die These, dass man mit 0,5 % zu wenig Alkohol im Blut geboren wird, somit immer einen Pegel halten muss, um zumindest normal gut drauf zu sein. Gesagt getan: Morgens wird gepichelt, und schon macht der Unterricht wieder Spaß – auch den Schülern. Dass die Geschichte nicht für alle gut ausgeht, ist klar. Dazwischen gibt es viel Spaß und Lebensfreude und manch düsteren Moment. Letztere flossen vielleicht in den Film ein, weil während der Dreharbeiten Vinterbergs 19-jährige Tochter tödlich verunglückte. Mads Mikkelsen, guter Freund von Vinterberg, spielt grandios und gibt neben den drei anderen Protagonisten dem Film eine existentielle Tiefe, die die Grundidee nicht unbedingt vermuten ließe.
In der Nacht wirft Issa aus Gaza seine Netze aus, am Tag schmachtet der schüchterne Fischer stumm und heimlich der verwitweten Schneiderin Siham hinterher. Als er eines Nachts eine Bronzestatue mit erigiertem Penis aus dem Meer zieht, setzt dies allerlei Dinge in Gang und Issa kommt nicht drum herum, sich endlich seiner Sehnsucht zu stellen. Arab und Tarzan Nassers „Gaza Mon Amour“ erzählt in herrlich komischen und wahren Bildern von einer späten Liebe.
Außerdem neu in den Ruhr-Kinos: Alexander Kluges und Khavn De La Cruzs schräge „Orphea“, Nadine Heinzes und Marc Dietschreits humorvolles Familiendrama „Die Vergesslichkeit der Eichhörnchen“, Ed Halls nostalgische Screwball-Comedy „Da scheiden sich die Geister“, Jon M. Chus Musical-Adaption „In the Heights“, Cyrus Nowrastehs Polit-Thriller „Infidel“ und Mark Tonderais Horror-Visite „Spell“. Für die Jugendfraktion starten Toby Genkels und Jens Møllers Kinderbuchadaption „Die Olchis - Willkommen in Schmuddelfing“ und Elaine Bogans und Ennio Torresan Jr.s Animationssequel „Spirit - Frei und ungezähmt“.
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