Nach „Mia und der weiße Löwe“ und „Ella und der schwarze Jaguar“ nimmt sich der französische Dokumentarfilmer und Spielfilmregisseur Gilles de Maistre mit „Moon, der Panda“ zum dritten Mal der Geschichte einer Freundschaft zwischen Menschenkindern und wilden Tieren an. Der zwölfjährige Tian (Noé Liu Martane) wird wegen seiner schlechten Schulnoten zu seiner Großmutter in die chinesische Provinz Sichuan geschickt. Doch anstatt dort fleißig zu lernen, trifft er bei seinen Streifzügen durch den Wald auf einen jungen Panda, mit dem er Freundschaft schließt. Besonders ist an de Maistres Arbeit vor allem, dass er nicht auf computergenerierte Animationen zurückgreift, sondern mit echten Tieren dreht. Seinen Filmen geht jeweils ein langwieriger Prägungsprozess voran, bei dem die jungen Hauptdarsteller:innen und die Tiere einander kennenlernen und eine Beziehung aufbauen – begleitet von Expert:innen. So überzeugt das Abenteuer mit einer beeindruckenden Kulisse in den Wäldern und Bergen Sichuans und liebevoll ausgearbeiteten Figuren. Eine der größten Stärken des Films ist neben seiner natur-pädagogischen Botschaft sicherlich, dass Tian mit seiner zarten, feinfühligen Art die toxische Männlichkeit seines auf Leistung und Karriere versessenen Vaters ins Wanken bringt. Das zeigt sich in Tians liebevollen Umgang mit seinem Pandabären, und auch, als er seine Schwester Liya bittet, ihm einen traditionellen chinesischen Tanz beizubringen.
Paolo Sorrentino kehrt mit seinem neuen Film „Parthenope“ nach Neapel zurück. Das Kind, das dort aufwächst, ist diesmal eine Frau: 1950 erblickt sie im Uferwasser am Golf von Neapel die Welt, und der reiche Patenonkel weist ihr spontan feierlich ihren Namen zu: Parthenope. 1968 ist Parthenope (stark: Celeste Dalla Porta in ihrem Langfilmdebüt) volljährig. Und sie verdreht den Männern mit ihrer stolzen Schönheit den Kopf, den jungen Gleichaltrigen ebenso wie den alten Reichen. Ein wandelnder Magnet. Zugleich bleibt sie geradezu unnahbar. „Verlangen ist ein Msyterium und Sex sein Begräbnis“: Parthenope ist selbstbestimmt, klug, geistreich und neugierig. Kind einer Stadt, in der Glück und Abgrund Hand in Hand gehen und in Melancholie und Ernüchterung münden. Wie so oft bei Sorrentino, wenn er Dekadenz und Rausch euphorisch zelebriert und zugleich Abgrund und Vergänglichkeit darin abbildet. „Parthenope“ ist ein echter, ein guter Sorrentino: ein melancholischer, epischer, elegischer Rausch, gerahmt von Tränen, Herz und Augenzwinkern.
Sebastian Fritzschs Debüt „Endzeit“ schaffte es 2013 zwar auf Festivals, der Sprung ins Kinoprogramm blieb ihm aber verwehrt. Nun hat er es mit „Der Wald in mir“ (Filmpalette) geschafft – und fordert uns mit einem Drama über einen psychisch labilen jungen Mann (Leonard Scheicher) regelrecht heraus: Der entwickelt sich in der Beziehung mit der radikalen Tierschützerin Alice (Lia von Blarer) immer mehr zu einem animalischen Wesen, das knurrend beim Sex und Mäuse vertilgend durch den nächtlichen Wald streift. Der meist im Dunkeln spielende und von Bernhard Keller atmosphärisch dicht fotografierte Film hält den Zuschauer lange in einer beklemmenden Schwebe.
Außerdem neu in den Ruhr-Kinos: die Tragikomödie „Louise und die Schule der Freiheit“ von Éric Besnard, der Dokumentarfilm „Ice Aged“ von Alexandra Sell, der amüsante Klamauk „Another German Tank Story“ von Jannis Alexander Kiefer, das autobiografische Drama „Im Haus meiner Eltern“ von Tim Ellrich, die französischen Komödien „Das große Los – 1 Insel, 40 Bewohner, 2 Betrüger“ von Hervé Mimran und „Voilà, Papa! Der fast perfekte Schwiegersohn“ von Arnaud Lemort und der Thriller „The Amateur“ von James Hawes. Für Kinder startet das Animationsabenteuer „Dog Man: Wau gegen Miau“ von Peter Hastings.
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