
Men – Was dich sucht, wird dich finden
Großbritannien 2022, Laufzeit: 100 Min., FSK 16
Regie: Alex Garland
Darsteller: Jessie Buckley, Rory Kinnear, Paapa Essiedu
Feministisches Horrordrama
Mea Culpus
„Men“ von Alex Garland
Der Mann handelt erst in Jähzorn und verfällt dann ins Selbstmitleid, und wenn er gar nicht mehr weiter weiß, setzt es Hiebe. Ist er dann Täter, dann nur, weil er ja Opfer war. Und sowieso immer Opfer ist. Der Mann vermag sich nicht konkret zu entschuldigen, und er definiert, was Schuld ist. Seit Äonen. Der Mann ist nicht schuld. Die Frau ist schuld. Und die Schuld ist weiblich!
Klingt profan, ist aber so, und zwar viel zu oft und schon viel zu lang. Und Alex Garland macht einen Film darüber. Der britische Autor und Regisseur wurde für sein KI-Drama „Ex Machina“ gerühmt, zuletzt lieferte er einen philosophischen Science Fictioner („Auslöschung“). Jetzt haut er einen feministischen Horrostreifen raus, eine Abrechnung mit dem eigenen Geschlecht, eine einzige große Metapher. Das ist ziemlich berauschend und geht in der Schlussrunde derb zur Sache, dies sei zur Warnung vorangestellt.
Harper (Jessie Buckley, „Beast“) ist mit James (Paapa Essiedu) verheiratet, und weil James nur noch in Jähzorn und Selbstmitleid badet, will sie Schluss machen. Er droht ihr daraufhin mit Selbstmord. Damit sie schuld ist, wenn er springt. Kurz darauf nimmt Harper, von James erlöst, aber beladen mit Schuldgefühl, Urlaub auf dem Land. Dort im Rückzug, im dörflichen Idyll, begegnet sie: Männern. Zuerst ihrem irren landadligen Vermieter (großartig: Rory Kinnear, „James Bond: Keine Zeit zu sterben“). Andere Männer werden folgen, allesamt sind sie skurril und bedrohlich. Unter ihnen Samuel, der noch erwähnt werden soll, weil er uns so nachhaltig verstört hat. Nachwuchstalent Zak Rothero-Oxley aus der HBO-Serie „The Watchmen“ trägt hier eine Marilyn Monroe-Maske, will bloß Verstecken spielen und beschert uns damit jetzt noch Gänsehaut. Harper indes findet zuerst noch den Trost in der Natur. Hier, im satten Grün des Waldes, auf windiger Weide und im einsetzenden Regen findet sie Freude, Sinnlichkeit, Heilung. Garland kleidet das in beeindruckend audiovisuelle Wogen, Orgel und Choräle begleiten die sakralen Momente dieses sehnsuchtserfüllten Glücks. Doch sie bleiben bloße Hoffnungsschimmer. Denn das Schuldgefühl wiegt bleiern auf Harpers Schulter, und die Begegnungen rund um das Dorf beschweren diese Last. Durch Übergriffe, durch Belästigung.
Mit seiner SFX-Orgie am Ende schreckt der Regisseur sicherlich manche Arthouse-Besucher ab. Doch „Men“ ist alles andere als stumpfer Horror und deshalb die Überwindung wert. Garland schöpft aus Religion, Mythos und Alltagserfahrung Männerfiguren und dekliniert an ihnen die Abgründe des Mannes durch. Sein Film überzeugt atmosphärisch, Garland inszeniert sinnlich, spinnt aus einem guten Ensemble krasse Typen. Ein kleines, wuchtiges Horrordrama, das Garland kraftvoll poetisch verziert, wenn er den Mann seziert. „Men“ sei ans Herz gelegt. Weil er mitreißt. Weil er weht tut. Weil er das herrschende Geschlecht so zutreffend entlarvt und beschämt. Dieser Film ist ein Schrei. Garland weidet den Mann aus bis in den letzten Satz, der durch Mark und Bein geht. Wenn wir erfahren, warum der Mann so ist wie er ist.

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